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Militärische Logistik-Hubs am Meer

Die deutschen Häfen an Nord- und Ostsee steuern auf Wachstumskurs – auch durch die Marine

Blick auf den Hafen von Bremerhaven, künftig auch ein Nato-Logistik-Hub
Blick auf den Hafen von Bremerhaven, künftig auch ein Nato-Logistik-Hub

Wenn an diesem Mittwoch in der »Alten Kaffeebörse« in Hamburg der Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) seine Jahrespressekonferenz abhält, gibt es für die führenden maritimen Manager doppelten Grund zur Freude. Die Umschlagzahlen der Seehäfen steigen und endlich fließen in deren Ausbau große Summen vom Bund.

Die Seehäfen sehen sich generell als »systemrelevant« für das Exportland Deutschland. Zugleich stehen sie im scharfen Wettbewerb mit europäischen Konkurrenten wie Rotterdam oder Świnoujście. Der Branchenverband ZDS verweist seit Längerem auf den hohen Investitionsbedarf für die öffentliche maritime Infrastruktur – für die Anbindung von Bahn und Lkw oder wegen der Energiewende – und beziffert die Sanierungskosten auf insgesamt 15 Milliarden Euro. Aus Berlin floss bisher nur ein Bruchteil: rund 38 Millionen Euro pro Jahr.

Doch die sogenannte Zeitenwende erreicht nun die Häfen. Der Bund investiert in den kommenden Jahren mehr als 1,3 Milliarden Euro allein in Bremerhaven. Mit dem Geld soll der Hafen vor allem auch militärisch aufgerüstet werden. Konkret ist die Schaffung eines sogenannten maritimen Logistik-Hubs für Nato und Bundeswehr geplant. »Das ist die mit Abstand höchste Förderung, die der Bund jemals für ein Projekt im Land Bremen bereitgestellt hat«, freut sich Bremens Landesregierungschef Andreas Bovenschulte (SPD). Auch der Industrieverband ZDS und der Deutsche Gewerkschaftsbund begrüßen in einer gemeinsamen Erklärung die Entscheidung des Haushaltsausschusses des Bundestags vor einer Woche: »Diese Entscheidung ist ein deutliches Signal: Der Bund nimmt seine Verantwortung für die strategische Bedeutung der Seehäfen auch im Bereich der Verteidigung ernst.« Bremerhaven erhalte damit die Mittel, um den gestiegenen Anforderungen der »Zeitenwende« gerecht zu werden.

Weniger begeistert reagiert das Friedensbündnis Norddeutschland: »Bremerhaven soll zur zentralen logistischen Schaltstelle für Waffen, militärisches Großgerät und Truppenverlegung in Richtung Osteuropa ausgebaut werden.« Die Friedensaktivisten demonstrieren seit Längerem »für zivile Häfen«. Bremerhaven bilde längst für das US-Militär eine Logistik-Drehscheibe.

ZDS und DGB betonen hingegen, dass die 1,3 Milliarden Euro für Bremerhaven »nur ein erster Schritt« sein können. »Ebenso wichtig ist es, weitere strategisch relevante Seehäfen in Nord- und Ostsee zu ertüchtigen, um im Ernstfall über ein robustes und dezentrales Hafencluster zu verfügen«, lässt sich Laura Pooth, Vorsitzende des DGB Nord, zitieren.

Derweil profitieren die Häfen auch von den handelspolitischen Krisen. Der Umschlag im Hamburger Hafen bleibe auf Wachstumskurs, meldete dessen Marketinggesellschaft am Montag. Der wichtige Containerumschlag legte in den ersten drei Quartalen um 8,4 Prozent auf 6,3 Millionen Boxen zu. Die Sorgen vor dem Zollhammer, den Präsident Donald Trump schwingt, hatten viele Unternehmen veranlasst, ihre Geschäfte mit den USA vorzuziehen. Davon profitierten besonders die Bremischen Häfen (+ 8,8 Prozent im ersten Halbjahr), deren Beziehungen mit den Vereinigten Staaten traditionell besonders eng sind. Hamburg nützte ein anderer globaler Trend besonders: Wegen des Handelskonfliks mit den USA wichen China und andere asiatische Staaten mit ihren Warenexporten vermehrt nach Europa aus.

Das Wachstum der Häfen lockt in unsicheren Zeiten auch die großen Reedereien an. Nach dem umstrittenen Einstieg der schweizerischen Reederei MSC beim Hamburger Hafenlogistiker HHLA im vergangenen Jahr beteiligt sich nun die französische Reederei CMA CGM mit 20 Prozent an Eurogate. Der Logistikkonzern aus Bremen will nun sein Terminal in Hamburg erheblich vergrößern und automatisieren. Kürzlich hatte auch Hapag-Lloyd-Chef Rolf Habben Jansen angekündigt, in weitere Terminals zu investieren. Deutschlands größte Reederei hat in wenigen Jahren bereits 21 Terminals auf fünf Kontinenten erworben. Üppige Gewinne und hohe Eigenkapitalreserven erlauben den großen Schifffahrtsunternehmen milliardenschwere Investitionen.

Erfolgreiche Geschäfte werden auch aus Rostock vermeldet, der Nummer eins an der Ostseeküste. Im ersten Halbjahr 2025 wurden über den dortigen Überseehafen 15,7 Millionen Tonnen Fracht umgeschlagen, 600 000 Tonnen mehr als im gleichen Zeitraum 2024. Für das Gesamtjahr hofft Rostock Port auf einen Rekordwert. Besonders starke Zuwächse gab es bei der Fracht und den Fährpassagieren von und nach Nordeuropa.

Im Rostocker Hafen werden zugleich zentrale Infrastrukturprojekte vorangetrieben. Der Neubau von Liegeplätzen, Flächenerweiterung und ein Tiefenwasserliegeplatz im Ölhafen »stärken die Zukunftsfähigkeit des Standorts«, heißt es bei Rostock Port. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hatte dort erst vor einem Jahr ein neues maritimes Nato-Hauptquartier eingeweiht, unter führung der Deutschen Marine. Die Ostsee ist für das Militärbündnis eine wichtige Versorgungsroute und für Anrainer wie Polen, Schweden und Finnland von zentraler wirtschaftlicher Bedeutung.

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