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Fifa: Nicht reformierbar
Christoph Ruf blickt auf die Fußball-WM im kommenden Jahr – und die Ticketpreise
Kürzlich schrieb mich eine Bekannte an und fragte mich, ob ich vorhabe, etwas über die Preisgestaltung bei der Fußball-WM im kommenden Jahr zu schreiben. In der mir ureigenen Konsequenz habe ich das zunächst verneint. Finaltickets von 3580 bis 7640 Euro? Ein Fan der deutschen Mannschaft, der das Team vom ersten Spiel gegen Curaçao bis ins (imaginierte) Finale begleitet, löhnt zwischen 6000 und 14 000 Euro? Natürlich ist das teuer, sensationell teuer. Aber muss man das wirklich extra betonen?
Was erwartet man von Leuten wie Fifa-Präsident Gianni Infantino? Der Mann wurde schon mit sämtlichen Bösewichten in James-Bond-Verfilmungen verglichen. Und mit dem Paten sowieso. Und all das sind vergleichsweise harmlose Analogien, von der Wirklichkeit längst überholt.
Man mag Goldfinger für einen unsympathischen Gesellen halten und Don Corleone für einen Mann mit, nun ja, alternativen Gesetzesvorstellungen. Aber um zu veranschaulichen, wie es um Infantino und Trump steht, müsste man schon die Handlung aus beiden Werken zusammenlegen. Der Don würde dann Goldfinger wegen seiner Verdienste um den Weltfrieden einen Preis aushändigen, den der sich dann selbst umhängt. Gute Idee eigentlich, zumal die Ähnlichkeit zwischen Gert Fröbe (KI-animiert with a little help from Donald’s friends) und Trump ja frappierend ist. Im Gegensatz zum orangefarbenen Präsidenten hat der teutonisch-bleiche Fröbe allerdings keine acht Kriege beendet, konnte dafür aber bis acht zählen. Doch ich schweife ab.
Christoph Ruf ist freier Autor und beobachtet in seiner wöchentlichen nd-Kolumne »Platzverhältnisse« politische und sportliche Begebenheiten.
Also: Natürlich wird die Fifa im kommenden Jahr so viele Fifa-Sachen machen, dass man danach das ganze Exekutivkomitee in Gold aufwiegen kann. Und natürlich wird Trump das Turnier für seine Propagandazwecke nutzen. Das eigentlich Erstaunliche ist deshalb nicht, dass die Preise so hoch sind, wie sie sind. Sondern, dass es tatsächlich Leute gibt, die dennoch hingehen. Und machen wir uns nichts vor: Die »Fan«-Blöcke werden nächsten Sommer gut gefüllt sein. Und zwar auch mit klassischen Fußballfans – 140 000 Karten-Anfragen aus Deutschland sind bereits eingegangen.
Den Rest gönnt sich der internationale Jetset, der zwar größtenteils nicht weiß, aus wie vielen Spielern eine Elf besteht, der aber liebend gerne Kontinent-Hopping betreibt, von der Formel-1 über Taylor Swift zu Emilys Hotspots in Paris. Und über die WM zurück nach Dubai. Selbst wenn der Eintritt frei wäre: Lieber würde ich entlang der Alligatorenrücken barfuß durch die Everglades wandern, als nächsten Sommer auch nur fünf Minuten in einer deutschen Fankurve verbringen zu müssen. Vielleicht liegt es ja auch nur daran, dass ich Menschen nicht ernst nehmen kann, die gerade Petitionen an die Fifa richten, sie möge doch bitte, bitte ihre Preispolitik überdenken.
Der Profifußball ist nicht reformierbar, die Fifa schon mal gar nicht. Doch man braucht gar nicht auf Trump und Infantino zu schauen, um zu begreifen, warum das so ist. Es reicht vollkommen, wenn Sie die Spielergehälter bei ihrem Lieblings-Bundesligisten studieren. Wie bei der WM gibt es allerdings auch hier ein Mittel, das viel wirksamer ist als jede Petition: Bleiben Sie einfach weg.
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