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Haushalt: Berliner Bündnis zeigt rote Karte für den Rotstift
Vor der anstehenden Abstimmung über den Landeshaushalt kritisiert ein Bündnis die Prioritäten des Senats
Bevor am Donnerstag das Abgeordnetenhaus aller Wahrscheinlichkeit nach den Haushalt für die Jahre 2026 und 2027 verabschiedet, warnt ein Bündnis aus Sozial- und Umweltverbänden, Gewerkschaften, Schul- und Hochschulorganisationen vor darin enthaltenen Einsparungen. Mit dem Slogan »Sozialen Zusammenhalt stärken, Einnahmen steigern« appellieren unter anderem Verdi, der DGB, der Paritätische Wohlfahrtsverband, die Umweltorganisation BUND und die Landesarmutskonferenz, mehr Geld für die soziale Infrastruktur der Hauptstadt einzutreiben.
Zwar habe der breite Protest gegen die Pläne des Senats Kürzungen bei sozialen Projekten abwenden können, erklärt das Bündnis. »Besonders gravierend fallen die Einsparungen jedoch weiterhin bei den Hochschulen, in der Kultur, der Schulsozialarbeit und im Bereich Verkehr und Umweltschutz aus«, heißt es in der am Dienstag veröffentlichten Erklärung.
Mit 44 Milliarden Euro im kommenden Jahr und 45 Milliarden Euro im Jahr 2027 wollen CDU und SPD so viel Geld wie noch nie ausgeben. Dafür wird die mit 67 Milliarden Euro verschuldete Hauptstadt weitere Kredite aufnehmen müssen.
Dennoch meldeten Projekte gefühlt im Wochentakt ihr in Aussicht stehendes Ende. Seit Bekanntwerden des Haushaltsentwurfs gibt es Widerstand. Die Koalition hatte zuletzt in etlichen Bereichen noch mal Geld nachgelegt, etwa bei den freien Trägern oder beim Schutz von Frauen vor Gewalt.
Schon die Kürzungen des vergangenen Jahres hätten den gesellschaftlichen Zusammenhalt geschwächt und Vertrauen in die Politik verspielt, heißt es in der Erklärung des Bündnisses. Dabei hätten die Verantwortlichen Mittel zur Verfügung, die Mehrausgaben ermöglichen würden. 873 Millionen Euro an nicht gezahlten Steuern könnten die Berliner Finanzämter eintreiben, wenn da nicht die Personallücke wäre. Die Ausstattung mit rückständiger Technik trage ihren Teil zu einer ineffizienten Steuererhebung bei.
Auch die Erhöhung von Steuern hält das Bündnis für ratsam. Eine Anpassung der Grunderwerbsteuer an das Niveau von Brandenburg würde dem Land weitere 100 Millionen Euro einbringen. Auf Bundesebene solle sich der Senat »für eine konsequente Besteuerung von großen Erbschaften ohne Schlupflöcher und die Wiedereinführung der Vermögensteuer starkmachen«.
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Bundesweit gehe die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander. Auch in Berlin habe sich »die Zahl der Einkommensmillionär*innen in den letzten zehn Jahren verdreifacht«.
Doch nicht nur die finanziellen Einbußen und eine falsche Priorisierung belasteten die Projekte. Kurzfristige Entscheidungen ohne Einbeziehung der Leistungsträger würden eine verlässliche Planung unmöglich machen und Geschäftsführungen wie Beschäftigte verunsichern.
Wenn das Abgeordnetenhaus am Donnerstag zu seiner letzten Sitzung im Jahr zusammenkommt, wird es von einer Großkundgebung umstellt sein. Zahlreiche von den Kürzungen betroffene Projekte rufen zur Teilnahme auf. Die Präsidentin der Technischen Universität hat all ihre Beschäftigten bezahlt vom Dienst freigestellt, um ihnen die Teilnahme zu ermöglichen.
Zugleich sind die Gewerkschaftsmitglieder im öffentlichen Dienst der Länder für diesen Tag zum ersten Warnstreik aufgerufen. Treffpunkt: ebenfalls 8 Uhr am Abgeordnetenhaus.
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