Abschiebung nach Griechenland rechtswidrig

Gericht: Iraker muss in die Bundesrepublik zurückgeholt werden

  • Marina Mai
  • Lesedauer: 2 Min.
Das Verwaltungsgericht in Frankfurt (Oder) hat die Abschiebung eines irakischen Flüchtlings nach Griechenland als rechtswidrig bezeichnet. Griechenland sei kein sicheres Drittland, die Abschiebung damit nicht zulässig.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge muss einen irakischen Asylbewerber nach Deutschland zurückholen und dafür die Kosten tragen. Das hat das Verwaltungsgericht in Frankfurt (Oder) kürzlich angeordnet. Der Iraker Hiwa H. hätte einen Rechtsanspruch, hier seinen Asylantrag prüfen zu lassen, so das Gericht.

Der 27-jährige Mann ist vergangenen September über Athen nach Deutschland geflüchtet und hat auf dem Flughafen Schönefeld bei Berlin Asyl beantragt. Von dort brachte ihn die Ausländerbehörde in die Abschiebeeinrichtung in Eisenhüttenstadt in Brandenburg. Die dortigen Behörden haben sein Asylbegehren jedoch nicht geprüft, sondern ihn im November nach Griechenland zurückgeschickt. Schließlich, so das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, sei Hiwa H. über ein sicheres Drittland eingereist. Dort soll er sein Asylverfahren betreiben.

Das wäre nach der Dublin-II-Verordnung auch nicht zu beanstanden gewesen, wäre Griechenland tatsächlich ein sicheres Drittland. Doch ist das so? Nein, sagt das Verwaltungsgericht. Hier hätte das Bundesamt die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes zu Griechenland nicht berücksichtigt. Pater Martin Stark vom Jesuiten-Flüchtlingsdienst in Eisenhüttenstadt erläutert: »In Griechenland ist das Asylsystem wegen Überlastung zusammengebrochen.« Viele Schutzsuchende aus arabischen Ländern stranden an griechischen Inseln in der Nähe der türkischen Grenze. Aufnahmeeinrichtungen seien überlastet, so dass viele Asylsuchende obdachlos auf der Straße campieren würden. »Das Bundesverfassungsgericht hat auch festgestellt, dass ein ordentliches Asylverfahren in Griechenland derzeit nicht gewährleistet ist«, sagte Stark.

Das Problem: Das Bundesverfassungsgericht hat diese Feststellung derzeit nur in sieben sogenannten Eilverfahren geäußert. Beschlüsse in Eilverfahren sind aber noch nicht endgültig. Die Erfahrung des Seelsorgers aus Eisenhüttenstadt: »Deutsche Behörden verzichten derzeit lediglich darauf, Kinder und schwangere Frauen nach Griechenland zurückzuschieben und schieben andere Flüchtlinge weiter nach Griechenland zurück.« Das habe Bundesinnenminister Thomas de Maizière im Januar den katholischen Seelsorgern mitgeteilt und sich dabei auf die offenen Erfolgsaussichten von Verfassungsbeschwerden berufen. Die Bundespolizei nehme Flüchtlinge, die über Griechenland eingereist sind, auch weiterhin in Haft.

Der Innenminister macht einen »sprunghaften Anstieg der unerlaubten Einreisen an den deutschen Flughäfen im Zusammenhang mit sogenannten Schengenbinnenflügen aus Griechenland« in den vergangenen Monaten aus. Flüchtlingsorganisationen fordern, Rückschiebungen nach Griechenland generell auszusetzen, bis das Bundesverfassungsgericht darüber endgültig entschieden hat.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das beste Mittel gegen Fake-News und rechte Propaganda: Journalismus von links!

In einer Zeit, in der soziale Medien und Konzernmedien die Informationslandschaft dominieren, rechte Hassprediger und Fake-News versuchen Parallelrealitäten zu etablieren, wird unabhängiger und kritischer Journalismus immer wichtiger.

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!

Unterstützen über:
  • PayPal