David, Goliath

Kulinarisches Kino

  • Caroline M. Buck
  • Lesedauer: 2 Min.

Eine Geschichte David gegen Goliath wollte der schwedische Dokumentarist Fredrik Gertten erzählen: über Plantagen-Arbeiter, die vor dem Parlament in Managua für ihre Rechte demonstrierten. Um Genschädigungen ging es, die Pestizide verursacht haben sollten, und um die Schuld von US-Multis. Gertten kam nach Chinandega, der Provinz der Bananenplantagen, just als einer der Gründer der Protestbewegung beerdigt wurde und der Priester gegen todbringende Plantagenjobs flammende Anklage erhob. Die sich im Film »Bananas*« wiederfindet, gezeigt beim »Kulinarischen Kino«.

Gerttens Goliath: globale Lebensmittelkonzerne, allen voran die Dole Food Company. David: pestizidversehrte Plantagenarbeiter, meist Indios, Analphabeten. Um gegen den Konzern zu bestehen, brauchten sie nicht Stein und Schleuder, sondern einen Anwalt. Der fand sich in der schillernden Gestalt von Juan J. Dominguez, einem Ferrari-fahrenden gebürtigen Kubaner. Gertten sprach mit Arbeitern, die an Krebs und Nieren- oder Leberschäden litten. Und er filmte Dominguez im Gespräch darüber, dass nur Sterilität als Folge des Kontakts mit DBCP-haltigen Nematiziden verlässlich nachzuweisen sei, er sich also auf solche Fälle konzentrieren wolle.

Zwölf Klienten vertraten Dominguez und sein Vertragsanwalt vor einer Jury in Los Angeles. Sechs Klagen wurden abgewiesen, sechs Klägern wurde Schadenersatz in Millionenhöhe zugesprochen. Die Gegenseite musste einräumen, dass sie von Gefährdungen durch die Chemikalien wusste, lange bevor sie deren Einsatz stoppte. DBCP-haltige Pestizide waren in den USA seit 1977 verboten, dennoch drohte Dole dem Hersteller Dow Chemicals auf dessen Rückrufaktion hin mit einer Konventionalstrafe, wenn die zugesicherten Mengen nicht geliefert würden. Ein belegbarer Zusammenhang mit den Erkrankungen der Plantagenarbeiter wurde aber bestritten.

Das war im Sommer 2007. Im Juni 2009 stellte Gertten seinen Film auf dem Filmfest von Los Angeles vor. Dole reagierte mit Drohungen, versuchte die Weltpremiere gerichtlich verbieten zu lassen, was misslang. Er veranlasste das Festival aber, »Bananas!*« aus dem Wettbewerb zu nehmen und bereits ausgeteilte Stimmzettel für den Publikumspreis zu ignorieren.

Eine Klage des Konzerns gegen die Filmemacher wurde nach internationalen Protesten zurückgezogen. Den Anwalt Juan J. Dominguez allerdings konnte Dole in einem geschlossenen Verfahren mit namenlosen Zeugen vor der selben Richterin, die dem ursprünglichen Prozess vorsaß, so weit diskreditieren, dass auch die sechs zunächst erfolgreichen Klagen abgewiesen wurden. Gertten, dem der Konzern deshalb vorwarf, er habe seinen Film veröffentlicht, als dessen Fazit sich längst als unhaltbar erwiesen hatte, ließ hören, an seiner Sicht auf die Vorgänge habe sich grundsätzlich nichts geändert.

Berlinale Blog des ND: http: //www. neues-deutschland.de/rubrik/berlina-le-2010/

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