»Arbeit darf keine Ramschware sein«

IG Metall bleibt größte Gewerkschaft im DGB und stellt Fahrplan für 2011 vor

  • Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: 3 Min.
Als stabile Organisation mit soliden Finanzen, die die Folgen des Wirtschaftseinbruchs 2009 gut bewältigt habe, präsentierte sich die IG Metall bei ihrer Jahrespressekonferenz.

Unzufrieden zeigte sich der IG Metall-Vorsitzende Berthold Huber jedoch damit, dass Arbeitgeber und Bundesregierung den Beitrag von Beschäftigten und IG Metall zur Krisenbewältigung nicht honorierten. Vielmehr hätten sie den »erfolgreichen Konsens einseitig und ohne Not aufgekündigt«, sagte er am Donnerstag in Frankfurt am Main. Im aktuellen Aufschwung entfielen nur 15 Prozent der neuen Stellen im IG Metall-Bereich auf unbefristete Arbeitsverhältnisse. Eine Befragung von 7000 Betriebsräten habe ergeben, dass offene Stellen zu 43 Prozent über Leiharbeit und zu 42 Prozent über sachgrundlose Befristungen abgedeckt würden. Bei Hochqualifizierten verdrängten Werkverträge Festanstellungen. Dies zerstöre Perspektiven junger Menschen, die sich »von Job zu Job hangeln« und sei ein Bruch mit der »Erfolgsformel, die jahrelang Wohlstand beschert hat«. Arbeit sei »der wertvollste Rohstoff« und dürfe »nicht zur Ramschware verkommen«.

Huber forderte Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) auf, nicht länger »Lohngleichheit für Leiharbeiter und Mindestlöhne zu blockieren«, sondern wirksame Gesetze zur Eindämmung von Leiharbeit und prekärer Beschäftigung auf den Weg zu bringen. Auf die ND-Frage, ob der Tarifabschluss für die Stahlindustrie über Equal Pay für Leiharbeiter ein Vorbild für andere Branchen sei, zeigte sich Huber zurückhaltend. Das Thema werde intern diskutiert. Da jedoch nicht alle Bereiche »so übersichtlich« seien wie die Stahlbranche, könne es »nicht überall in gleichem Maße tarifpolitisch geklärt« werden. Der Organisationsgrad im Stahl liegt zwischen 80 und 90 Prozent. Sicher ist indes, dass die IG Metall den DGB-Aktionstag am 24. Februar für »sichere und faire Arbeit« bundesweit mitgestalten wird. In den Landtagswahlkämpfen 2011 will Huber Regulierungen gegen prekäre Arbeit einfordern und die Zukunftschancen junger Menschen ohne Schul- und Berufsabschluss ebenso thematisieren wie einen fairen Übergang in den Ruhestand.

Der in Gewerkschaftskreisen umstrittene Vorstoß von DGB und Arbeitgeberverband BDA zur gesetzlichen Regelung der Tarifeinheit werde in der Jahresplanung der IG Metall »keine unmittelbare Rolle spielen«, sagte Huber. Schließlich habe seine Organisation »wenig Probleme« mit konkurrierenden Berufsgewerkschaften und gerade auch im Angestelltenbereich »signifikante Zugewinne« zu verzeichnen. »Man ist mit unserer Arbeit zufrieden«, so Huber.

71,5 Prozent der im letzten Jahr gewählten Betriebsratsmitglieder der Branche seien IG Metall-Mitglieder, während konkurrierende Verbände wie CGM oder AUB bedeutungslos blieben, sagte IG Metall-Vize Detlef Wetzel. Positiv sei auch, dass in 1536 Betrieben im Organisationsbereich erstmals ein Betriebsrat gewählt wurde und sich die Gesamtzahl der Gremien auf 11 000 erhöht habe.

Mit 2 239 588 Mitgliedern bleibt die IG Metall die Nr.1 im DGB. Geringen Verlusten durch Arbeitsplatzabbau und Sterbefälle stünden verstärkt Beitritte von Jüngeren und Leiharbeitern sowie Zuwächse in unorganisierten Betrieben gegenüber, so Wetzel. In der Windenergiebranche habe die Mitgliederzahl um 30 Prozent zugenommen. Hier seien auch erste Tarifverträge abgeschlossen worden.

Ob Huber, der demnächst 61 wird, beim Gewerkschaftstag im Oktober wieder als Vorsitzender antritt, ließ er offen. Klarheit in dieser Frage werde es im März geben. Auf jeden Fall soll die Zahl der geschäftsführenden Vorstandsmitglieder von sieben auf fünf verringert werden.

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