Windkraft hat noch viel Puste

Grünen-Studie beziffert das Potenzial in Sachsen auf 32 Prozent

  • Hendrik Lasch, Dresden
  • Lesedauer: 3 Min.
Allein aus Windkraft kann einer Studie der Grünen zufolge ein Drittel des Strombedarfs in Sachsen gedeckt werden, wenn alte Anlagen aufgerüstet und etliche neue gebaut werden.

In Erlau bei Mittweida wird die Windstromerzeugung in Sachsen derzeit auf neues Niveau gebracht. In dem Ort dreht sich bald ein Windrad, dessen Generator nicht nur drei Megawatt Strom erzeugen kann, sondern das auch höher als bisherige Anlagen ist: 135 Meter vom Boden bis zur Nabe plus 50,5 Meter Rotorflügel. Weil Wind in solchen Höhen kräftiger pustet, steigt die Stromausbeute überproportional. »Höhe«, sagt Wolfgang Daniels, Präsident des Verbandes für erneuerbare Energien (VEE), »ist in diesem Fall entscheidend.«

Würden in Sachsen viele alte Windräder durch derartige neue Anlagen ersetzt und zugleich in moderatem Umfang weitere gebaut, könnte fast ein Drittel des Strombedarfs im Freistaat aus Windenergie gedeckt werden – etwa so viel, wie Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) in einer Regierungserklärung vom Mai insgesamt für erneuerbare Energien anpeilte. Den beachtlichen Wert nennt eine Studie, die VEE-Experte Hans-Jürgen Schlegel im Auftrag der Grünen im Dresdner Landtag erarbeitet hat. 500 der jetzt in Betrieb befindlichen 832 Anlagen könnten demnach durch leistungskräftigere Räder ersetzt werden.

Allerdings reicht dieses sogenannte Repowering allein nicht aus, um das ehrgeizige Ziel zu erreichen. Durch Aufrüstung ließe sich der Windstromanteil nur von jetzt 7,2 auf 12,4 Prozent erhöhen – ein Wert, der unter den Erwartungen liegt, wie Johannes Lichdi, Energiepolitiker der Grünen, einräumt. In der Studie wurde daher auch untersucht, wie viele Windräder zusätzlich gebaut werden müssten, um die angestrebte Marke von gut 30 Prozent zu erreichen. Nach Schlegels Berechnungen sind dafür 1036 Anlagen notwendig – also rund 200 mehr als bisher.

Weil nicht zuletzt den Grünen klar ist, dass sich Energiewende und Landschaftsschutz immer öfter ins Gehege kommen, prüft die Studie auch, ob ein solcher Ausbau verträglich ist. Demnach würde sich der Flächenbedarf verdoppeln: von jetzt 0,4 auf 0,74 Prozent der Landesfläche. Nationalparks und andere Schutzgebiete blieben tabu. Experten zufolge sind 1,5 Prozent der Fläche Sachsens zur Windstromerzeugung geeignet. Eine Verdoppelung der ausgewiesenen Fläche hatte diese Woche auch die LINKE gefordert. Ihren Angaben zufolge sind derzeit 0,8 Prozent zur Windnutzung vorgesehen. Änderungen müssten im Landesentwicklungsplan erfolgen. Dessen Neuauflage aber lässt auf sich warten, kritisiert Lichdi.

Entscheidend ist freilich, dass die Windräder nicht nur in die Breite, sondern auch in die Höhe wachsen können. Höhenbeschränkungen auf 100 Meter, die etwa im windreichen Erzgebirge noch gelten, müssten aufgehoben werden, sagt Daniels. Auch dann werde das Repowering schwer genug, räumt er ein: Viele der 120 Windstromfirmen hätten gerade die Kredite für bestehende Anlagen abgezahlt und wollten zunächst Geld verdienen, bevor sie neu bauen. Viele Gebiete, in denen jetzt Windräder stehen, sind zudem inzwischen keine Vorrangflächen für diese Nutzung mehr.

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