Erpressung
Kurt Stenger über europäische Krisendiplomatie gegenüber Zypern
Wenn Ihr bis Montag nicht unserem Rettungsplan zustimmt, drehen wir euch den Geldhahn zu, Ihr geht Pleite und fliegt aus dem Euro! Mit einer schlichten Erpressung versuchte die europäische Krisendiplomatie die zyprischen Politiker weich zu kochen und auf Kurs zu bringen. Das schärfste Schwert schwang dabei die Europäische Zentralbank (EZB) - diese hält seit den durch die Ankündigung der Sparerabgabe verursachten Turbulenzen Zyperns angeschlagene Banken mit einer Notkreditlinie über Wasser und drohte, diese jetzt zu stoppen.
Dabei gab es gar keinen Grund für derartige Kurzschlusshandlungen. Mit Kapitalverkehrsbeschränkungen hätte man verhindern können, dass Anleger auf Zypern nach einer Wiedereröffnung der Bankschalter ihr Geld in anderen Steuerparadiesen in Sicherheit bringen. Das Nein des Parlaments in Nikosia hätte man zum Anlass nehmen sollen, darüber nachzudenken, wie eine Beteiligung von Privatvermögen am besten aussehen könnte. Deren Notwendigkeit steht außer Frage, schließlich profitieren neben den Banken vor allem deren Großanleger europaweit von den Rettungsaktionen.
Eine Vermögensabgabe, die viele Milliarden in die klammen öffentlichen Kassen spülen könnte, ist freilich immer noch kein Thema. Stattdessen hält man eisern am - von der deutschen Regierung vorgegebenen - Kurs fest, dass die Bevölkerung der Krisenländer die Rettungsaktionen bezahlen soll. Und ist diese nicht willig, so greift man zur Erpressung.
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