Wo der Spargel eine Fußbodenheizung bekommt

Landwirte verlegen Heizrohre unter die Erde, um das Edelgemüse möglichst früh ernten zu können - Umweltschützer kritisieren diese Methode

  • Julia-Marie Czerwonatis
  • Lesedauer: 4 Min.
Der milde Winter beschert den Spargelbauern eine frühe Ernte - aber auch Tricks beim Anbau helfen beim Erntestart. Doch nicht alle sind umweltfreundlich.

Der April hat gerade begonnen und doch ist auf Wochenmärkten bereits Spargel zu finden. Das Edelgemüse wird jetzt schon für all jene verkauft, die den offiziellen Saisonstart am 15. April nicht abwarten können. So zum Beispiel stechen in Südhessen, Sachsen und Brandenburg seit zwei Wochen schon Erntehelfer die weißen Stangen aus dem Boden. Zwar sind es bisher kleinere Mengen, die geerntet werden können - und die haben mit über zehn Euro pro Kilo auch ihren Preis - doch sind die Prognosen gut. »Ostern gibt es Spargel satt«, sagt Ernst-August Winkelmann vom Spargelhof Klaistow in der Mittelmark. »Es hängt nun alles vom Wetter ab, die Voraussetzungen sind gut.«

Der milde Winter hat für die Spargelbauern günstige Erntebedingungen geschaffen. Doch auch moderne Anbaumethoden lassen das Edelgemüse früher wachsen - und nicht alle gelten als umweltfreundlich. Konventionelle »Anbauhelfer« sind Abdeckfolien. Mit der schwarzen Seite soll die Wärme der ersten Sonnenstrahlen eingefangen werden, die untere, weiße Seite soll die Wärme reflektieren. Hektarweise werden so Spargelfelder mit Folie abgedeckt. Verstärkt wird der Wärmeeffekt durch kleine Dämme, zwischen denen das Gemüse wächst.

Zunehmend verlegen Bauern aber auch Wärmerohre in ihre Äcker. »Wir haben eine Fußbodenheizung für unseren Spargel«, erklärt Klaus Heinl, Inhaber des gleichnamigen Spargelhofes in der Altmark. »Durch Rohre wird warmes Wasser durch das Feld geleitet. Seit dem 17. März können wir Spargel stechen.« Das Wasser stammt aus der Biogasanlage vom Hof, mit dem die Motoren gekühlt werden. Damit heize die Familie auch ihr Wohnhaus in Goldbeck, sagt Heinl. Die Stangen, die auf einer Fläche von etwa sechs Hektar angebaut werden, haben laut Heinl eine gute Qualität.

Derzeit verkauft der Landwirt den frühen Spargel für bis zu zwölf Euro das Kilo. »Mitte, spätestens Ende April ernten wir dann den Spargel, den wir herkömmlich anbauen. Das ist der reguläre Zeitraum, in dem die Saison in der Altmark startet«, sagt Heinl. Ähnliche Vorgehensweisen sind aus Niedersachsen, Sachsen und Brandenburg bekannt. Neben Freilandspargel, der nach wie vor den Großteil der Ernte bestimmt, wird hier auch auf beheizten Äckern angebaut.

Was ungeduldige Spargelkonsumenten erfreut und die Kassen der Landwirte füllt, bedeutet nicht zwangsläufig auch Gutes für die Umwelt. Reinhold Jahn, Professor für Bodenkunde und Bodenschutz an der Universität Halle, hält die Anbaumethode für absurd. Er erklärt: »Durch die Vorverlegung der Vegetationsperiode mittels Wärme wird die mikrobielle Aktivität in den Böden erhöht. Dabei wird mehr Humus abgebaut, der als CO2 in die Luft geht.« Da beim Spargelanbau in der Regel humusarme Sandböden verwendet werden, sei dies nicht unkritisch. Genaue Studien zu möglichen Auswirkungen gäbe es jedoch noch nicht. so Jahr. Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sieht die Bodenheizungen kritisch. Nicht alle Landwirte nutzen Wärme, die als Nebenprodukt im Landbetrieb entsteht. So wird beispielsweise Mais angebaut, um Biogasanlagen zu füttern, die dann den Spargel wärmen. Für den BUND ist das energiepolitischer Unsinn. Der Aufwand, der mitunter betrieben wird, sei nicht angemessen.

»Felder für den Spargelanbau zu beheizen, wäre höchstens mit zusätzlich erzeugtem Strom aus erneuerbaren Energien vertretbar«, sagt Rüdiger Rosenthal, BUND-Pressesprecher. »Also angenommen, moderne ›Energiewirte‹, die Wind- oder Solarenergie ›ernten‹, würden zugleich Spargelfelder mit dieser Energie erwärmen. Das wäre dann akzeptabel, wenn es sich bei der verwendeten Energie um zusätzlich gewonnene Energie handelte«, sagt Rosenthal weiter. Würde diese Wärme jedoch der Energieversorgung insgesamt entzogen, wäre dies nicht nur pure Verschwendung sondern es schade auch dem Klima.

Ebenso wie Verbraucherzentralen wirbt der BUND für den Konsum von regional geernteten und saisonal erzeugten Lebensmittel. »Das schließt ein, dass die jeweilige Saison nicht mit künstlichen Mitteln vorgezogen oder verzögert werden sollte«, erklärt Rosenthal.

Der Spargelverband in Franken schwört auf die Lage der Spargelfelder in der Region: In Franken gebe es keine Bodenheizungen, sondern nur Folien für den Spargel. »Wir brauchen einen solchen Aufwand hier nicht: Wir bauen am Südhang an und das schafft ohnehin gute Voraussetzungen für den Spargel«, sagt Hans Höfler, Vorsitzender des Spargel-Erzeugerverbandes Franken. Zwar seien die warmen Temperaturen der letzten Wochen günstig gewesen, wegen der Kältetage zwischendurch beginne die Ernte aber erst in ein bis zwei Wochen.

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