Finaler Höhepunkt

Wieder einmal könnte das Pokalendspiel zwischen München und Dortmund ein Wendepunkt im deutschen Fußball werden

Die DFL hat ihr Premiumprodukt Bundesliga gegen den DFB in Stellung gebracht. Dessen Pokal mit dem Endspiel in Berlin wird dennoch etwas ganz Besonderes bleiben - vor allem in dieser Saison.

Kühne Visionen scheitern leider allzu oft an der Realität. Manchmal wirkt die Kraft der herrschenden Verhältnisse aber auch positiv regulierend. Am Ende einer für die überwiegende Mehrheit langweiligsten Spielzeiten in der Bundesliga forderte die Deutsche Fußball Liga (DFL) tatsächlich den Deutschen Fußball-Bund (DFB) heraus. Die DFL sähe gern den letzten Spieltag ihres Premiumproduktes als Saisonabschluss im deutschen Fußball - und eben nicht das alljährlich im Berliner Olympiastadion vom DFB veranstaltete Pokalfinale.

Im Machtkampf zwischen beiden Verbänden hat sich das Fuß(ball)volk ganz deutlich auf die Seite des DFB geschlagen. Dessen Präsident verkündete es genussvoll: »Wir könnten 500 000 Karten verkaufen, das wäre nicht übertrieben«, prahlte Wolfgang Niersbach. Der 63-Jährige kam aus dem Schwärmen gar nicht mehr raus. »Wenn man sich ein Finale malen könnte, dann wäre das die Traumpaarung.« Und weil die Paarung zwischen dem FC Bayern München und Borussia Dortmund nicht nur hierzulande verzückt, sondern auch in knapp 200 anderen Ländern übertragen wird, rührte Niersbach gleich die ganz große, internationale Werbetrommel: »Wir brauchen keinen Vergleich mit Wembley mehr zu scheuen. Unser Finale ist eine ganz großartige Angelegenheit.«

Die DFL steht mit ihrem Ansinnen also im Abseits. Gute Argumente hat sie auch nicht. Abgesehen vom zwar nervenaufreibenden aber fußballerisch geschmacklosen Abstiegskampf bot die Bundesliga in dieser Saison nicht allzu viel Spannung, im Titelkampf gar die pure Langeweile. Die Münchner wurden schon im März Meister und hatten am Ende 19 Punkte mehr als der zweitplatzierte BVB. 2013 wurde der FC Bayern zwar erst Anfang April Meister, dafür aber dann mit 25 Zählern mehr als der erste »Verfolger« aus Dortmund. Dass die Meisterschaftsentscheidung in der Liga tatsächlich am allerletzten Spieltag fiel, ist schon fünf Jahre her.

Und nicht zuletzt sprangen auch verdiente Nationalspieler dem DFB zur Seite. Münchens Mittelfeldspieler Thomas Müller spürte schon Tage vor dem Anpfiff »das Kribbeln«. Das Pokalfinale in Berlin sei dann doch noch mal etwas anderes als ein Meisterschaftsspiel. Damit es dabei auch bleibt und um weiteren Diskussionen den Dampf aus dem Kessel zu nehmen, verlängerte der DFB den Vertrag mit dem deutschen Wembley gleich bis 2020.

Dass das Pokalfinale ganz generell etwas Besonderes ist - für Spieler, Trainer, Klubs und Fans -, ist hinreichend bekannt und hier auch ausreichend geschildert. In diesem Jahr könnte der finale Höhepunkt der Saison wieder einmal über die Spielzeit hinauswirken. Wie 2012. Da zerlegte der zweifache Meister Borussia Dortmund den stolzen FC Bayern München in seine Einzelteile, 5:2 hieß es am Ende für den BVB. Der künftige Münchner Stürmer Robert Lewandowski schoss für Schwarz-Gelb drei Tore. Die bislang letzte Demütigung auf nationaler Ebene nahm der FC Bayern als Ansporn. »Wir werden unsere Mannschaft so lange verstärken, bis wir wieder alleine sind«, kündigte der damalige Präsident Uli Hoeneß eine Transferoffensive an.

Gesagt, getan: Im folgenden Sommer kamen nicht nur neue Spieler für über 70 Millionen Euro nach München, sondern auch Matthias Sammer. Das Ergebnis: Die Bayern wurden Meister und gewannen die Champions League - im Finale gegen den BVB. Auch wenn die Beziehung beider Vereine mit wachsender Rivalität immer schlechter wurde, in einer Angelegenheit war man sich in München und Dortmund einig. Der FC Bayern, den alle Welt danach als Maß der Dinge bezeichnete, sei nur so stark geworden, weil ihn die Borussia dahin getrieben habe.

Endstation Berlin: Die den Münchnern damals allseits versprochene Ära des Erfolgs könnte ausgerechnet gegen Dortmund ihren Schlusspunkt finden. Wieder im Pokalfinale, wieder im Olympiastadion. Denn nun ist die Borussia wieder in der herausfordernden Rolle. Nun spricht BVB-Boss Hans-Joachim Watzke gegenüber »dpa« über neues Personal und viel Geld: »Wir haben eine wirtschaftliche Situation, die es uns erlaubt, uns nicht über die Investitionssumme zu definieren, sondern über die Idee. Ist die Idee gut, haben wir keine Limits. Aber es muss Potenzial und Fantasie dahinter stecken. Das ist der entscheidende Punkt und nicht, ob es 25, 30 oder 35 Millionen sind.«

Die Dortmunder sind klug genug, nicht die nationale Vormachtstellung der Münchner infrage zu stellen. Aber: »Die Bayern werden uns nicht los«, verspricht Watzke. Einen kleinen Vorgeschmack lieferte das letzte Ligaspiel zwischen beiden Klubs. Die Dortmunder gewannen überlegen mit 3:0 in der Münchner Arena. Diese Saison hatte der BVB von vornherein als Übergangsspielzeit angesehen. Früher als erwartet könnte er am Sonnabend schon in Berlin einen Titel feiern - und somit auch den ersten wirklichen Erfolg gegen den FC Bayern seit dem Pokalfinale vor zwei Jahren.

Die DFL sollte nicht neidisch sein, sondern sich heute einfach nur freuen. Konkurrenz belebt das eigene Geschäft. Das beweisen gerade auch die beiden Pokalfinalisten.

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