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»Bruderkrieg« im Haus der Manns

Sonderausstellung in Lübeck

  • Lutz Gallinat, Lübeck
  • Lesedauer: 2 Min.

Brüder, Schriftsteller, prominente Größen und erbitterte Feinde mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges - die Konstellation ist singulär. Der Krieg entzweite Heinrich und Thomas Mann wegen ihrer konträren Positionen, mehrere Jahre sprachen sie kein Wort miteinander. Die Sonderausstellung »Bruderkrieg - Heinrich und Thomas Mann im Ersten Weltkrieg« im Lübecker Buddenbrockhaus versucht, die Hintergründe zu erklären.

»Einer der zentralen Gründe für unsere neue Ausstellung ist sicher dieser: Sie spricht von einem hundert Jahre zurückliegenden Ereignis, reicht aber bis in die heutige Zeit«, erläutert Hans Wißkirchen, Leitender Direktor der Lübecker Museen. »Diese existenziellen Mentalitätsumbrüche, die eine ganze Generation betrafen, lassen sich beispielhaft am Streit Heinrich und Thomas Manns über den Ersten Weltkrieg ablesen. Zwei Meinungen, zwei Mentalitäten prallen hier aufeinander, die sehr privat und doch zugleich sehr öffentlich, sehr politisch sind und uns bis heute alle angehen.«

Erstmals wird gezeigt, wie die Brüder ihre Kommunikation vom Privaten ins Öffentliche verlagerten: In ihren politischen Veröffentlichungen entwickelte sich ein Dialog im Krieg, der einen personalisierten Zugang zum geistesgeschichtlichen Streit während des Ersten Weltkriegs präsentiert. Der frankophile Kaiserreichskritiker Heinrich engagierte sich für Demokratie und Frieden, der jüngere Bruder Thomas vertrat leidenschaftlich den Machtanspruch des deutschen Kaiserreichs.

Kuratorin Käte Richter erklärte dazu in ihrer Einführung: »Als es Heinrich gelang, die Zensur mit seinem ›Zola-Essay‹ (Nov. 1915) zu unterlaufen, war dies zugleich der Beginn des öffentlichen Bruderzwists. Thomas fühlte sich von Heinrichs ›Zola‹ angegriffen, der unter anderem gegen die ›Geistigen Mitläufer‹ wie ihn gerichtet war, und antwortete seinem Bruder in seinen ›Betrachtungen eines Unpolitischen‹ (Okt. 1918). Die Heftigkeit, mit welcher diese Auseinandersetzung in der Öffentlichkeit ausgetragen wurde, entstand durch eine spezielle Mischung aus konträren politischen Haltungen und tiefen persönlichen Verletzungen.«

Die Lübecker Ausstellung leistet einen Beitrag zum großen Gedenkjahr 2014, in welchem sich der Beginn des Ersten Weltkrieges zum hundertsten Mal jährt. »Bruderkrieg« folgt Heinrich und Thomas Mann durch diese Schicksalsjahre der Weltgeschichte bis zur Wiederannäherung in der Nachkriegszeit. Sie ermöglicht, Originale wie handschriftliche Briefe und Erstausgaben zu betrachten. Die Ausstellung dauert noch bis zum 30. August 2014.

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