Krisengipfel zur Ukraine wackelt

Kanzlerin Merkel und Premier Jazenjuk setzen auf Minsker Abkommen / EU kündigt Milliardenspritze an

  • Klaus Joachim Herrmann
  • Lesedauer: 2 Min.
Der ukrainische Premier zeigte sich in Berlin unversöhnlich, die Kanzlerin mochte einen Krisengipfel nicht bestätigten.

Am Tag nach dem Pariser Anschlag trieb Dmitro Jarosch mit dem Entsetzen Scherz. Der Chef des extremistischen »Rechten Sektors« kündigte in der ukrainischen Hauptstadt Kiew an, er gehe mit einer »Granate in der Tasche« in die Parlamentssitzung. Damit fühle er sich gegenüber »offenen Feinden der Ukraine« in der Werchowna Rada sicherer, vertraute er Hromadske TV an.

Kämpferisch präsentierte sich in Berlin auch der ukrainische Ministerpräsident Arseni Jazenjuk auf einer Pressekonferenz mit Bundeskanzlerin Angela Merkel am frühen Nachmittag. Scharfe Angriffe galten Russland, das »alle mehrseitigen Abkommen verletzt und stört« sowie »keinen einzigen Punkt der Minsker Vereinbarung erfüllt« hätte.

Deren Umsetzung »in all ihren Punkten« machte Kanzlerin Merkel zur Voraussetzung der Aufhebung von Sanktionen gegen Russland. »Sichtbare Fortschritte« und einen Fahrplan für die Lösung anderer Punkte nannte sie als eine Art Bedingung für ihren möglichen Gipfel mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin, dem ukrainischen Staatschef Petro Poroschenko sowie Frankreichs Präsidenten François Hollande in der kasachischen Hauptstadt Astana am 15. Januar. Zur Vorbereitung wird am heutigen Freitag Kasachstans Präsident Nursultan Nasarbajew in Berlin erwartet.

Optimistischer für eine Verhandlungslösung zeigte sich die neue lettische EU-Ratspräsidentschaft: »Es gibt eine Art von Öffnung, die wir nutzen können«, sagte der lettische Außenminister Edgars Rinkevics am Mittwochabend in Riga laut dpa. Es gebe »Anzeichen für eine gewisse Bereitschaft Russlands, enger mit der Europäischen Union zusammenzuarbeiten«.

Premier Jazenjuk warb in Berlin um »zusätzliche Finanzpakete« mit dem Hinweis auf »Reformen«, bei denen soziale Programme gestrichen, Tarife und Steuern erhöht würden. Dies fordert nach einer Inflation von 21 Prozent im Vorjahr weitere schwere Opfer der Bevölkerung.

In Berlin erhielt Jazenjuk während seiner Visite bereits die Zusage über eine Vergabe von Kreditgarantien über 500 Millionen Euro. Sie sollen zum Wiederaufbau im ostukrainischen Konfliktgebiet eingesetzt werden. Seinen Dank richtete der Premier an die deutschen Steuerzahler.

In Riga kündigte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker eine Unterstützung der Ukraine mit 1,8 Milliarden Euro in mittelfristigen Krediten an. Zustimmen müssen das EU-Parlament und die Länder. In Kiew begann eine Arbeitsgruppe des Internationalen Währungsfonds (IWF) mit der Überprüfung der laut Jazenjuk »harten« Reformen.

Unter den Losungen »Keine Osterweiterung von EU und NATO!, Keine Zusammenarbeit mit Faschisten! Sanktionen gegen Russland sofort beenden! Keine Waffenexporte in die Ukraine!« hatten die Friedenskoordination Berlin (FRIKO) und die NaturFreunde Berlin zum Protest vor das Kanzleramt gerufen. Seite 4

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