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Wer das Finale will, muss es auch bezahlen

Kommerz und Königsklasse: Berlin hat viel für die Endspiele investiert, Fußball und Fans haben kaum etwas davon

Nichts für Fußballfans: Mit der Eröffnung des Champions Festivals am Brandenburger Tor begann der offizielle Countdown für das Finale der Fußball-Champions-League zwischen Turin und Barcelona in Berlin.

»Irgendwas mit Fußball«, sagt der Vater zum Sohn. Beide stehen am Donnerstag in Berlin vor Absperrgittern am Pariser Platz. Vielleicht wusste es der Vater nicht besser. Oder er hatte einfach keine Lust, die Fragen des Jungen genauer zu beantworten. Mit der Eröffnung des Champions Festivals auf dem schon Tage vorher weit abgesperrten Gelände rund ums Brandenburger Tor begann der offizielle Countdown für den großen Showdown am Sonnabend. Dann spielen im Olympiastadion der FC Barcelona und Juventus Turin um den Titel in der Champions League.

»In unserer Geschäftsstelle läuft seit Wochen alles auf Hochtouren«, sagt Bernd Schultz. Der Präsident des Berliner Fußball-Verbandes ist ohne Krawatte gekommen, sein Jackett hat er an diesem sonnigen Tag auch schon abgelegt. Schultz steht etwas abseits, am Rand des kleinen Stadions, das vor dem Brandenburger Tor aufgebaut worden ist. Dort stand er auch schon als Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) und Reinhard Grindel, Schatzmeister des Deutschen Fußball-Bundes, den Champions-League-Pokal präsentierten.

Bernd Schultz repräsentiert den Berliner Fußball. An diesem Tag steht er auch etwas sinnbildlich für ihn - im Abseits eben. Fast sechs Millionen Euro musste die Stadt investieren, um vom europäischen Fußballverband UEFA das Finale zu bekommen. Was hat der Berliner Fußball davon? »Die Bilder eines tollen Ereignisses«, antwortet Schultz und »die Erinnerungen aller Beteiligten.« Dabei zeigt er auf den Kunstrasenplatz, wo gerade Mädchen von acht Berliner Schulmannschaften spielen und nennt auch die 500 freiwilligen Helfer.

Für die Fußball spielenden Mädchen interessiert sich kaum jemand. Rund 30 Leute schauen zu, rund 400 passen auf die Tribüne des kleinen Stadions. Etwas voller war es kurz zuvor bei der Pokalpräsentation. Zu einer vollen Hütte hatten aber auch hier die aufmunternden Aufrufe des Moderators nicht geführt. »Alle noch mal herkommen, auf die wunderschönen blauen Sitze.« Viele blieben leer. Wirklich Anziehendes hat das Champions Festival auch nicht zu bieten. Großflächig dürfen sich die UEFA-Topsponsoren präsentieren. Merchandising-Artikel kann man natürlich auch kaufen. Und das eigentliche Ereignis, das Finale am Sonnabend? Wird hier nicht gezeigt - die UEFA will kein Public Viewing. Das Fest für die Fans ist eine kommerzielle Veranstaltung - und irgendwas mit Fußball.

»Anforderungsgerechte Herrichtung« der Stadt und Sportstätten nennt die Senatsverwaltung für Inneres und Sport die Kosten von fast sechs Millionen Euro für die Endspiele der Frauen und Männer. Darin sind die Ausgaben für die Sicherheitsmaßnahmen noch nicht enthalten. Diese sollen auch nicht öffentlich gemacht werden, weil sie »grundsätzlich durch die im Haushaltsplan von Berlin für die Polizei eingestellten Haushaltsmittel gedeckt« seien, heißt es.

Auf der Gegenseite rechnet Berlin mit hohen Einnahmen durch die vielen Fans und Touristen, für die sogar das Nachtflugverbot gekippt wurde. Genau beziffern kann es noch niemand, die Schätzungen liegen zwischen 35 und 50 Millionen Euro. Dass das Geld aber nicht die Stadtkassen füllt, die vorher geleert wurden, stört Frank Henkel nicht. Er spricht über einen »Gewinn, der nicht in Euro und Cent zu bemessen ist.« Was der Innensenator damit meint? Er lächelt beseelt und spricht vom »unbeschreiblichen Gefühl«, den Pokal in den Händen gehalten zu haben. Da freute er sich bestimmt auch schon auf die »Celebration Party« am Freitagabend mit 500 exklusiven Gästen am Flughafen Tempelhof. Knapp 150 000 Euro soll der Spaß kosten, Berlin bezahlt. Auch die Vorfreude auf das Finale am Sonnabend war Henkel anzusehen.

»So, jetzt sind wa och mal dajewesen«, sagt ein Berliner unter den vielen Touristen zu seinen Begleitern. Sie haben vor den Absperrgittern kehrt gemacht. Sie waren zu früh, erst um elf Uhr öffnete das Fanfest für die Öffentlichkeit. Verpasst haben sie nichts.

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