Widerstand im Zeichen des Wassers

In Peru wehren sich viele landwirtschaftlich geprägte Gemeinden gegen Bergbauprojekte

  • Knut Henkel, Sullana
  • Lesedauer: 4 Min.
Immer häufiger konkurrieren Rohstoffförderung und Landwirtschaft um die elementare Ressource Wasser. Im Bergbauland Peru, wo sie in vielen Gegenden knapp ist, führt das regelmäßig zu Protesten.

»Gemeinschaft der Bewässerungsnutzer Distrikt Chira« steht in dicken Lettern über dem Eingang zum Büro von Walter Pango Limo Alvárez. Der knorrige Mann von Anfang 50 ist der Sekretär der Organisation und hat die Konflikte um das Wasser von Piura in den letzten Jahren en detail verfolgt. Die Region liegt im Nordwesten Perus, grenzt teilweise an Ecuador. Erhebliche Teile sind von Wüste geprägt. »Genau deshalb müssen wir genau aufpassen, wie wir das knappe Wasser einsetzen«, bekräftigt Limo Alvárez. Das Tal von Chira mit der Provinzstadt Sullana lebt vom Anbau von Biobananen, die größtenteils auf den europäischen Markt gehen. »Das ist unser grünes Gold«, so der Sekretär des von der Bevölkerung selbst organisierten Wasserkomitees, das die Versorgung in die Hand genommen hat. »Wir müssen es verteidigen - hier, aber auch in den Nachbarprovinzen.«

Tambogrande ist landesweit als Limonen- und Mangogarten des Landes bekannt. In dem fruchtbaren Tal von San Lorenzo stehen Abertausende von Obstbäumen, die mit einem ähnlichen Bewässerungssystem wie in Chira versorgt werden. Auch in der weiter in den Bergen gelegenen Provinz Huancabamba, die für ihren Kaffee bekannt ist, der Tausenden Bauern ein Auskommen beschert, wird mit Argusaugen auf die Ressource Wasser geachtet. »Das ist nötig, denn die Regierung hat in der Region an Glaubwürdigkeit verloren, weil sie uns Bauern kein Beispiel für die mögliche Koexistenz von Bergbau und Landwirtschaft nennen kann. Da haben wir uns organisiert«, erklärt Limo Alvárez und ein stolzes Lächeln huscht über sein Gesicht, bevor er fortfährt: »Schließlich mussten sie den Willen der Bevölkerung akzeptieren.«

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Chevron

Kein Rohstoffkonzern hat es schlimmer getrieben als Chevron. Dies ist zumindest die Ansicht der Nichtregierungsorganisationen, die seit 1999 jährlich den Schmähpreis »Public-Eye-Award« an Unternehmen für besondere »Verdienste« bei Menschenrechtsverletzungen, Umweltverschmutzung und Korruption verliehen haben. 2015 vergab das Bündnis den Megapreis für ein Lebenswerk – an Chevron.

Badica/Kardiam Bvba

Blutdiamanten sind der wohl bekannteste Konfliktrohstoff – mehrere Kinofilme haben sich bereits dieser Problematik gewidmet. Die wertvollen Klunker werden meist illegal geschürft und von Milizen verkauft, die mit den Erlösen ihre Kriege finanzieren. Die antikommunistische UNITA in Angola war einst dick im Geschäft mit Blutdiamanten.

Glencore

»Der stumme Riese« wurde Glencore von Journalisten des Schweizer Fernsehens mal genannt. Denn zum Erfolgsgeheimnis des weltgrößten Rohstoffhändlers gehörte bisher seine Verschwiegenheit: Ob sowjetisches Öl für den Apartheidstaat Südafrika, iranisches Öl zu Khomeinis Zeiten an Israel oder Einnahmen für Irak unter Saddam Hussein während der Sanktionen – die Geschäfte waren von den Partnern erwünscht, aber sie sollten nicht bekannt werden.

Ammar-Gruppe

Wie kann es sein, dass Togo große Mengen an Gold exportiert, obwohl es dort gar keine Vorkommen gibt? Dieses Rätsel lösten kürzlich Recherchen der Initiative »Erklärung von Bern«: Bei dem Gold handelt es sich um Schmuggelware aus dem Nachbarland Burkina Faso.

Er war dabei, als in den Jahren 2001 und 2002 die Bevölkerung gegen die Ansiedlung einer Goldmine, die im offenen Tagebau schürfen wollte, in Tambogrande auf die Straße ging. Protestmärsche und Straßenblockaden hat es in der gesamten Region gegeben, überall waren Graffiti zu sehen und in Tambogrande ist das noch immer der Fall.

Hier ist das Bündnis »Agro Sí« (Landwirtschaft ja) weiter aktiv. Es wurde lange von Fernando »Pancho« Ojeda dirigiert. Der Ex-Bürgermeister von Tambogrande ist selbst Obstbauer und engagiert sich für die Zukunft der Region. »Es geht hier um die Existenz von 18 000 Familien und die war durch die Bergbaukonzession für das Tal von San Lorenzo gefährdet.« Also nahm Ojeda den Kontakt zum lokalen Wasserkomitee, zu Wissenschaftlern, aber auch zu den Entwicklungsexperten der katholischen Kirche in Piura auf und informierte sich. Danach kam er zu dem Schluss, dass sich Bergbau und Obstanbau in der Region ausschließen. »Neben der Konkurrenz um das Wasser sind es auch Staub und die Angst vor der Kontaminierung des Grundwassers, die uns damals angetrieben haben«, erklärt Ojeda. Er war einer derjenigen, die im Juni 2002 für die »Consulta popular«, ein Referendum von Unten, geworben haben. Friedlich, konstruktiv und eindeutig lief der von der katholischen Kirche unterstützte Prozess in Tambogrande ab. Das Ergebnis wurde zähneknirschend von der Regierung in Lima akzeptiert. Die entzog ein paar Monate später dem kanadischen Bergbauunternehmen Manhattan Minerals die Konzession.

Ein Novum in der peruanischen Geschichte, wodurch die »Consulta popular« erst richtig bekannt wurde. Bis heute wird sie bei zahlreichen Bergbaukonflikten ins Feld geführt. In Huancabamba wurde 2007 ein Referendum über die Ansiedlung des Kupferbergwerks Río Blanco abgehalten - mit eindeutigem Ausgang: 97 Prozent der Abstimmenden sprachen sich gegen die Ansiedlung eines chinesischen Bergbaukonzerns aus. Doch damals akzeptierte Präsident Alan García das Votum von unten nicht: Der Bergbau habe Priorität für die Entwicklung des Landes, erklärte er. Trotzdem ließ das Unternehmen Xiamen Zijin Tongguan mehrere Jahre lang das Projekt ruhen. Als es Ende 2014 Anzeichen gab, dass die Wiederaufnahme der Arbeiten anstehen könnte, machten die Bauern mit der »Front der nachhaltigen Entwicklung der Nordgrenze Perus« (FDSFNP) mobil.

Das ist auch in Tía María der Fall. Dort, ganz im Süden des Landes nahe der Stadt Arequipa, sind die Bauern des Valle de Tambo gegen ein riesiges Kupferbergbauprojekt auf die Straße gegangen. Auf eine erneute »Consulta popular« will sich die Regierung in Lima nicht einlassen, aber die Bauern haben landesweit Unterstützung. Die Parole »Landwirtschaft ja, Bergbau nein« ist dort genauso populär wie in Piura. Für die schwache, bald aus dem Amt scheidende Zentralregierung ist das eine echte Herausforderung. Auch dabei spielen die Wasserkomitees eine entscheidende Rolle.

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