Deutsche Kinder über alles

In ihrem Programmentwurf zielt die AfD auf Familien mit überkommenem Wertebild

  • Vincent Körner
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Rechtsaußen-Partei AfD macht gegen Genderforschung, Schwule, Feminismus und Quoten Front. Das Ziel solcher »Familienpolitik«: Die Geburtenrate der »deutschstämmigen Frauen« zu steigern.

Mit der »traditionellen Familie« will die AfD für mehr deutsche Kinder sorgen - und so der »Masseneinwanderung« begegnen. Im Programmentwurf der Rechtsaußen wird deshalb gegen Gleichstellungspolitik, Gender-Forschung, Feminismus und angebliche sexuelle »Umerziehungsprogramme« Front gemacht. Zusammengehalten wird das Ganze von einer völkisch aufgeladenen Idee von Familie und Frau. Nicht nur ein bisschen klingt das nach 1930er Jahre.

Alles, was einem von Rechtsaußen als »natürlich« betrachteten Bild von Familie, nationaler Bevölkerung und Sexualität widerspricht, soll abgeschafft, eingedämmt, verboten werden. »Es sollte wieder erstrebenswert sein, eine Ehe einzugehen, Kinder zu erziehen und möglichst viel Zeit mit diesen zu verbringen«, heißt es in dem Entwurf. Gemeint sind freilich »deutsche Ehen«, denn die Familienpolitik versteht die AfD nicht nur als Beitrag gegen eine als falsch betrachtete Moderne, sondern als völkisches Projekt.

Unter der Überschrift »Mehr Kinder statt Masseneinwanderung« wird die deutsche Familie zum Bollwerk gegen »demografische Fehlentwicklungen«, eine »konfliktträchtige Multi-Minoritätengesellschaft« und »Kettenmigration«. Der Klage über die niedrigere Geburtenrate der »deutschstämmigen Frauen« gegenüber den Migrantinnen schließt sich der Ruf nach einer »effektiven familien- und kinderfreundlichen Politik« zu Gunsten einer höheren »Geburtenrate der einheimischen Bevölkerung« an.

Was damit gemeint ist? Alles mögliche - vor allem aber der direkte Marsch in die Vergangenheit: »Lebensschutz« statt Abtreibungsmöglichkeiten, Stimmungsmache gegen »Gender Mainstreaming und die generelle Betonung der Individualität«, Überhöhung der Familie als »natürliche Gemeinschaft«, die das »Fundament unserer Gesellschaft« bilden soll, Ablehnung einer angeblich »propagierten Stigmatisierung traditioneller Geschlechterrollen« und eines »falsch verstandenen Feminismus«, Nein zu gendergerechter Sprache - und eine frontale Kampfansage gegen die Gender-Forschung: Professuren sollen nicht nachbesetzt, Projekte nicht weiter gefördert werden.

Auch will die AfD laut ihrem Programmentwurf jede Form von Geschlechterquoten »im Studium oder in der Arbeitswelt« aushebeln, man betrachtet diesen Beitrag gegen die Ungleichbehandlung von Frauen und Männern als »leistungsfeindlich und ungerecht«. Wie schon in einem früheren Entwurf erkennbar will die Rechtsaußen-Partei auch die schwulenfeindlichen Ressentiments ausbeuten - man lehne »die einseitige Hervorhebung der Homo- und Transsexualität im Unterricht« ab, heißt es da - und direkt gegen Verbände, die sich für Gleichstellung engagieren, geht es weiter: »Unsere Kinder dürfen in der Schule nicht zum Spielball der sexuellen Neigungen einer lauten Minderheit werden.« An anderer Stelle ist davon die Rede, dass »staatlich geförderte Umerziehungsprogramme in Kindergärten und Schulen« das »klassische Rollenverständnis von Mann und Frau« systematisch »korrigieren« sollen.

Die Verteidigung ihres »traditionellen Familienbildes« ist der AfD so wichtig, dass sie immer wieder auf die »Gender-Ideologie und die damit verbundene Frühsexualisierung« zu sprechen kommt. Staatliche Ausgaben »für pseudowissenschaftliche ›Gender-Studies‹« sollen ebenso gestoppt werden wie »Quotenregelungen und eine Verunstaltung der deutschen Sprache«. Im Denken der AfD werden durch Gleichstellungspolitik und gendergerechte Sprache die »naturgegebenen Unterschiede zwischen den Geschlechtern« unterschlagen, was sich aus Sicht der Vorgestern-Partei negativ auf die »traditionellen Wertvorstellungen und spezifischen Geschlechterrollen in den Familien« auswirkt.

»Mädchen, gedenke, dass du eine deutsche Mutter werden sollst.« Mit solchen Plakaten machte das NS-Regime Geburts- und Familienpolitik. Wer sich die entsprechenden Passagen des nun offiziellen Programmentwurfs der AfD anschaut, wird mit einem Politikideal konfrontiert, das nicht weit davon zu liegen scheint.

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