Industrialisierung statt Klimaschutz

Philippinischer Präsident Duterte will nichts von Paris-Abkommen wissen

  • Michael Lenz, Manila
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Philippinen, stark betroffen vom Klimawandel, wollten die Treibhausemissionen deutlich reduzieren. Dies scheint Geschichte zu sein.

So langsam nimmt die Politik des neuen Präsidenten der Philippinen Konturen an. Bisher hatte Rodrigo Duterte mit seinem Freibrief zur Erschießung von Drogenhändlern für Schlagzeilen gesorgt. Jetzt schießt sich Duterte auf den Klimavertrag von Paris ein, der die Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 Prozent des vorindustriellen Niveaus vorsieht.

»Dumm und absurd« - solche Vokabeln fallen Duterte zum Klimaabkommen ein. Deshalb fällt es dem neuen Präsidenten der Philippinen auch überhaupt nicht ein, das Abkommen zu unterschreiben. Gleichzeitig bezeichnete Duterte in seiner ersten Rede zur Lage der Nation seit seiner Amtseinführung am 30. Juni »Maßnahmen gegen die globale Erwärmung« als Toppriorität - solange Klimapolitik nicht der Wirtschaftspolitik in die Quere kommt. Die Philippinen befänden sich in einer vorindustriellen Ära. Der Präsident sieht in einer nicht näher definierten Industrialisierung des pazifischen Inselstaats das Allheilmittel für Wachstum, Wohlstand und Armutsbekämpfung. Industrialisierung ist aber ohne höheren Energieverbrauch und vermehrten Ausstoß von Treibhausgasen kaum denkbar. Also stellt Duterte klar: »Es (das Klimaabkommen) darf nicht unsere Industrialisierung behindern.«

Kohlekraftwerke produzieren derzeit 45 Prozent des Stroms der Philippinen, Erdgaskraftwerke 23 Prozent. Etwa ein Viertel entfällt laut Energieministerium auf Geothermie, Wasserkraft und andere erneuerbare Energien. Weitere klimaschädliche Kohlekraftwerke sind in Planung.

Die Philippinen befinden sich in einem Dilemma. Wie die meisten Schwellen- und Entwicklungsländer haben sie wenig zur aktuellen Klimakatastrophe beigetragen. Gleichzeitig aber gehören sie zu den Hauptleidtragenden der Folgen des Klimawandels. Auf Grund ihrer geografischen Lage sind die Philippinen das erste Opfer tropischer Wirbelstürme, die sich weit draußen über dem Pazifik zusammenbrauen und dann über die Inselrepublik zum asiatischen Festland ziehen.

Während der pazifischen Taifunsaison zwischen Mai und November werden die Philippinen jedes Jahr von rund 30 solcher Extremwettereignisse heimgesucht. Aber nur Supertaifune wie Haiyan, der im November 2013 mehr als 6000 Menschenleben forderte und große Zerstörungen anrichtete, schaffen es in die internationalen Schlagzeilen.

Die Anzahl kleinerer Taifune mit einer durchschnittlichen Windgeschwindigkeit von 118 Stundenkilometern hat allerdings in den letzten 20 Jahren abgenommen, heißt es in einer Studie der britischen Universität Sheffield. Gleichzeitig aber habe die Zahl katastrophaler Taifune mit Geschwindigkeiten vom mehr als 150 Kilometern pro Stunde zugenommen. Die Wissenschaftler vermuten einen Zusammenhang zwischen der Häufung und dem Klimawandel.

Studienautorin Monica Ortiz sagt: »Als jemand, der auf den Philippinen aufgewachsen ist, kenne ich den katastrophalen Verlust von Leben und die Zerstörungen, die extremes Wetter verursachen kann. Durch die Analyse der Daten von der Vergangenheit bis heute können wir uns besser an die weitere Entwicklung des Klimawandels anpassen und uns auf zukünftige Katastrophen vorbereiten.«

Duterters Vorgänger Benigno Aquino zog Schlussfolgerungen aus den wissenschaftlichen Erkenntnissen: Er wollte die Treibhausgasemissionen der Philippinen bis 2030 um 70 Prozent reduzieren. Und die Wirtschaft florierte während Benignos sechsjähriger Amtszeit.

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