Werbung

Holm erklärt Rücktritt als Staatssekretär

Stadtsoziologe: SPD und Grüne wollen mich politisch nicht unterstützen / LINKE-Chefin kritisiert Berlins Bürgermeister Müller: SPD will nur von eigenen Problemen ablenken

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Am Ende tat er es selbst: Andrej Holm hat am Montagmittag erklärt, von seinem Amt als Staatssekretär für Wohnen zurückzutreten. »In den letzten Tagen haben mir SPD und Grüne deutlich gemacht, dass sie mich als Staatssekretär politisch nicht unterstützen«, schreibt Holm in einer Erklärung auf seiner Website. Heute ziehe er »eine Reißleine«.

Der versprochene Aufbruch in eine andere Stadtpolitik habe in der rot-rot-grünen Koalition bisher »nicht ernsthaft begonnen – das allein mit meiner Personalie zu begründen, wäre absurd.« Die Diskussionen um das Sicherheitspaket, der Verlauf der Parlamentsdebatte und der mehrfache Bruch von Vereinbarungen zwischen den Koalitionspartnern zeige, dass die Koalition selbst in der Krise sei, so Holm weiter. »Ich werde der zerstrittenen SPD nicht den Gefallen tun, sie auf meinem Rücken zerplatzen zu lassen.«

Weiterhin erklärte Holm: »Die Polemik derer, die mich als Staatssekretär verhindern wollten, zeigt, dass es bei der Entlassungsforderung nicht nur um meine Zeit bei der Stasi und um falsche Kreuze in Fragebögen ging, sondern vor allem um die Angst vor einer Wende im Bereich der Stadt- und Wohnungspolitik.« Zudem machte er klar, dass der Rücktritt »kein Rückzug aus der Stadtpolitik« sei.

Der 46-jährige Stadtsoziologe war vor gut einem Monat von der LINKEN in die Landesregierung berufen worden. Nach wochenlangen Debatten über falsche Angaben zu seiner Stasi-Tätigkeit in der Wendezeit hatte Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) am Samstag angekündigt, dass er den Wissenschaftler nicht länger im Senat haben will.

Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (LINKE) erklärte, sie bedauere den Rücktritt Holms »sehr« und halte diese Entscheidung für »bitter und dennoch nachvollziehbar«. Auch sie habe erkannt, dass der Rückhalt für Holm in der Koalition nicht stark genug war. Lompscher macht in ihrer Stellungnahme noch einmal klar, dass sie das Entlassungsersuchen Müller als falsch bewertet. »Aus meiner Sicht bestanden in Würdigung aller vorliegenden Informationen über seine Tätigkeit beim Ministerium für Staatssicherheit und seines Umgangs damit keine hinreichenden Gründe für eine Entlassung als Staatssekretär.«

Die Probleme in der rot-rot-grünen Berliner Koalition sind nach Aussage der Linkspartei mit dem Rücktritt Holms jedoch nicht vom Tisch. »Wir werden jetzt mit unseren Koalitionspartnern beraten müssen, ob und wenn ja wie wir zu einer Arbeitsweise kommen, die auf den Prinzipien von Augenhöhe und Gleichberechtigung beruht«, erklärten die Landesvorsitzende Katina Schubert und die Fraktionschefs Carola Bluhm und Udo Wolf am Montag. Die Koalition müsse in einen Arbeitsmodus kommen, »der es zulässt, dass wir die Ziele des Koalitionsvertrags politische Praxis werden lassen«.

Holm zollten die LINKEN Respekt. »Für die rot-rot-grüne Koalition ist das ein herber Rückschlag im Bemühen um einen spürbaren Politikwechsel«, erklärten sie.

Kipping greift Regierenden Bürgermeister scharf an
Kurz bevor Holm am Montag seine Rücktritt erklärte, hatte sich die LINKEN-Vorsitzende Katja Kipping in die Debatte eingeschaltet und Müller für sein Verhalten scharf kritisiert. »Ich empfehle der SPD, zuerst eigene Probleme zu klären«, sagte Kipping der »Berliner Zeitung« vom Montag. Kipping warf Müller vor, er wolle mit der Entlassung Holms nur von internen Problemen der SPD ablenken. »Die Aussagen von Müller zu Andrej Holm sind eher Ausdruck dafür, dass die Berliner SPD zerstritten ist«, sagte die Linken-Chefin. Zuvor hatte Kipping Holm als »großartige Besetzung« bezeichnet und betont, man habe ihn wegen seines Einsatzes für die Interessen von Mietern zum Staatssekretär gemacht. rdm mit Agenturen

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal