Disney lacht zurecht nicht über Antisemitismus

Unterhaltungskonzern beendet nach umstrittenen Videos die Zusammenarbeit mit dem populären Youtuber PewDiePie

  • Bengt Arvidsson
  • Lesedauer: 3 Min.

Nach dem eher halbherzigen Studium wusste der Computerspielliebhaber nicht richtig, was er mit seinem Leben anfangen sollte und begann erstmal in einer Würstchenbude zu arbeiten. In seiner Freizeit drehte der junge Schwede völlig harmlose Videos, in denen er einfach populäre Computerspiele spielte und das auf lustig-ironische Weise kommentierte. Unter dem Namen »PewDiePie« veröffentlichte er die Filmchen bei YouTube. Das hatte zuvor niemand gemacht und es kam bei jüngeren Internetnutzern unglaublich gut an.

Inzwischen ist Kjellberg der erfolgreichste Videofilmer aller Zeiten bei YouTube und Multimillionär. Er hat weltweit über 53 Millionen Abonnenten. Ende August 2016 soll er laut YouTube im Monat zwischen 681.000 Euro und 1,1 Millionen Euro verdient haben. Für viel Geld schloss der US-Unterhaltungsriese Disney einen Vertrag mit dem Publikumsmagneten ab. Darin wurde ihm inhaltlich völlige Freiheit gewährt.

Die nutzte Kjellberg auch maximal aus. Millionen weltweit haben sein am 11. Januar bei YouTube veröffentlichtes antisemitisches Video gesehen. In dem hat der Schwede zwei dunkelhäutige scheinbar aus dem Busch stammende Inder mit nackten Oberkörpern und Blumenhalskette dafür bezahlt, ein Schild in die Höhe zu halten, auf dem »Tötet alle Juden« steht.

Judenfeindliches Video war kein Einzelfall

In einem weiteren YouTube Video vom 22. Januar sagt ein als Jesus verkleideter Mann, »Hitler hat absolut nichts falsch gemacht.« Einmal posiert Kjellberg selbst in einer NS-artigen Uniform und spielt eine Rede von Hitler ein. Seit August 2016 hat Kjellberg laut dem »Wallstreet Journal« insgesamt neun Videos veröffentlicht, die antisemitische Witze oder NS-Inhalte beinhalten. Zahlreiche rechtsradikale Foren hatten den erfolgreichsten Videoblogger der Welt für diese Inhalte gefeiert. Die haben anscheinend keine Ironie darin gesehen.

Nachdem das »Wallstreet Journal« den Disneykonzern damit am Montag konfrontierte, reagierte dieser mit Auflösung des Geschäftskontaktes zu Kjellberg. »Obwohl Felix sich gerade durch Provokation und Respektlosigkeit eine Anhängerschaft geschaffen hat, ist er nun zu weit gegangen. Die Videos sind unangebracht«, so eine Sprecherin der für Kjellberg verantwortlichen Disneyfirma Maker Studios gegenüber der Zeitung. Das US-Blatt kritisiert auch den YouTube-Eigentümer Google. Der lasse Kjellbergs Videos einfach im Netz und verdiene skrupellos weiter an den Werbeeinnahmen.

Kjellberg: Inhalte seinen aus dem Zusammenhang gerissen

Kjellberg selbst unterstrich, dass er gegen »jede Art hasserfüllter Einstellungen« sei, die Inhalte seien aus dem Zusammenhang gerissen. Er mache Videos nur zur Unterhaltung. Die hätten nichts mit Politik zu tun, aber verstehe, dass »diese Witze letzten Endes zu anstoßend« waren. »Ich bin kein Antisemit oder wie man das nun nennt. Das sollte einfach nur eine lustige Sache sein. Ich schwöre, ich liebe Juden. Ich liebe sie«, sagt er.

Schwedens Medien waren am Dienstag voller Verständnis für Kjellberg. Er habe es leider etwas übertrieben, sei aber missverstanden worden, so der Tenor. Den Schweden ist politische Korrektheit eigentlich sehr wichtig. Aber gerade wegen dieser das gesamte Land prägenden Korrektheit glauben viele Schweden, sie seien so unangreifbar, dass sie sich nicht immer daran halten müssten. Dann kann es schnell recht grob werden.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal