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Inoffiziell im Park von Versailles

Emmanuel Macron empfängt Wladimir Putin zu Gesprächen über die Ukraine und Syrien

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 3 Min.

Der neu gewählte französische Präsident Emmanuel Macron trifft am heutigen Montag in Versailles bei einer Ausstellungseröffnung den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Von dem war die Initiative zu diesem ersten Treffen der beiden Staatsmänner ausgegangen - Macron stimmte zu.

Die Diplomaten beider Seiten fanden einen protokollarisch nicht zu gewichtigen Rahmen mit der Eröffnung einer Ausstellung über Zar Peter I., die von dieser Woche an bis Oktober im Trianon-Palais im Schlosspark von Versailles stattfindet; die Exponate stammen fast alle aus der Ermitage in St. Petersburg. Auf seinen Reisen in Westeuropa zum Studium von wissenschaftlichen und technischen Neuerungen, die er in Russland einführen und so das rückständige Land an Europa heranführen wollte, hatte sich Peter der Große 1717 mehrere Wochen in Frankreich aufgehalten und dabei auch im Trianon gewohnt.

In einem Telefongespräch, das einer ersten Kontaktaufnahme diente, hatten beide Präsidenten an die »alten und besonderen Beziehungen zwischen beiden Ländern« erinnert. Indem er Putin in diesem Rahmen trifft, vermeidet Macron, ihn im Elysée zu empfangen und dem Besuch offiziellen Charakter zu verleihen. Der französische Präsident will keinesfalls den Boykott der EU-Staaten gegenüber Russland wegen dessen aggressiver Politik gegenüber der Ukraine unterlaufen, will aber andererseits den Kontakt nicht abreißen lassen und die Gelegenheit zum Dialog mit Putin nutzen.

Neben der Ukraine dürften vor allem das Engagement Russlands an der Seite der Assad-Regierung in Syrien und der notwendigerweise gemeinsame Kampf gegen den Islamischen Staat im Mittelpunkt des informellen Gesprächs stehen. Nach der Nichtauslieferung der beiden von Russland bestellten - und bereits bezahlten - Hubschrauberträger von Typ Mistral 2014 als Reaktion auf die Annektion der Krim hatten die bilateralen Beziehungen ihren Tiefstpunkt im vergangenen Oktober erreicht. Im UN-Sicherheitsrat hatte Russland einmal mehr sein Veto gegen eine Resolution eingelegt, mit der die von Frankreich als Bombardierung von Aleppo bezeichneten Kampfhandlungen verurteilt werden sollten. Präsident Hollande hat seinerzeit Putin, der zur Einweihung eines Russisch-orthodoxen Religions- und Kulturzentrums nach Paris kommen wollte, unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass sein Besuch nicht willkommen sei.

Der neue Präsident Macron hat Russland seit Monaten eine »gefährliche Außenpolitik« vorgeworfen, gleichzeitig aber betont, dass er für »Dialog von festen Positionen aus« eintritt - auch wenn er »die Werte Putins nicht teilt«. Nach seinem sicheren Auftreten beim NATO-Jubiläum am Donnerstag in Brüssel und beim G7-Gipfel in Süditalien am Freitag und Sonnabend ist der Montag für den Jung-Präsidenten Macron eine weitere Gelegenheit, sich auf dem diplomatischen Parkett zu profilieren. Für Putin ist es eine Gelegenheit, sich wieder etwas Europa anzunähern und für die Aufhebung des Wirtschaftsboykotts zu werben. Er würde gern mit Frankreich - im wahrsten Sinne des Wortes - wieder ins Geschäft kommen. Dafür muss er sich aber mit Macron arrangieren, der bei der Präsidentschaftswahl alles andere als sein »Wunschkandidat« war und ausgeprägte Putin-Freunde wie François Fillon und Marine Le Pen geschlagen hat.

Die Parteivorsitzende der rechtsextremen FN wurde von Putin im Vorfeld der Wahl demonstrativ herzlich in Moskau empfangen. Es gab auch seriöse Hinweise darauf, dass die massiven Attacken per Internet auf das Wahlkampfteam von Macron, wobei mehrere Zehntausend interne Mails entwendet und ins Netz gestellte wurden, um in der Stichwahl Marine Le Pen zu begünstigen, von regimenahen »Hackern« in Russland ausgegangen sind.

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