Senat befürwortet Gedenkstättenbesuche

Schüler sollen sich an historischen Orten Zugang zur Geschichte finden

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Der Senat hat sich grundsätzlich für Schülerbesuche in Gedenkstätten für Opfer der nationalsozialistischen Konzentrationslager ausgesprochen. »Die Auseinandersetzung mit einem authentischen historischen Ort ist ein wichtiger Schritt, um Zugang zur Geschichte zu finden«, sagte die Berliner Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) auf epd-Anfrage. Allerdings sei für Gedenkstättenbesuche eine sorgfältige Einbindung in den Unterricht notwendig, »um Erkenntnisse zu bewirken«.

Die Senatsbildungsverwaltung verwies darauf, dass im Land Berlin im Abiturjahrgang der Besuch eines außerschulischen Lernortes verpflichtend sei. Das müssten allerdings nicht zwingend Gedenkstätten auf dem Gelände ehemaliger Konzentrationslager, sondern könnten auch die Topographie des Terrors oder das Haus der Wannseekonferenz sein, also historische Orte, die ebenfalls eng mit dem Holocaust verknüpft sind. Vorgesehen sei ein solcher Besuch im Rahmen des Geschichtsunterrichts zum Thema »Europa zwischen Demokratie und Diktatur - Das Scheitern der ersten deutschen Demokratie - nationalsozialistische Gewaltherrschaft«.

Auch für die Sekundarstufe I werde für den Geschichtsunterricht eine Einbeziehung von außerschulischen Lernorten in Berlin und Brandenburg wie Denkmäler, Gedenkorte, Gedenkstätten, Museen sowie von Zeitzeugen für das historische Verstehen empfohlen. In jeder Doppeljahrgangsstufe würden mindestens zwei außerschulische Lernorte besucht. Scheeres betonte, dass es viele weitere Projekte gegen Antisemitismus und Diskriminierung gebe. »Ich erwarte, dass diese auch genutzt werden«, sagte die Bildungssenatorin.

Zudem verwies sie darauf, dass Berliner Lehrer im Bereich Gewaltprävention und Maßnahmen gegen Diskriminierung und Antisemitismus fortgebildet würden. Unter anderem bestünden Kooperationen zum Jüdischen Museum und zum Anne-Frank-Zentrum, aber auch zu Modellprojekten wie »Aktiv gegen Antisemitismus«, »Demokratiestärken - Aktiv gegen Salafismus und Antisemitismus«, der »Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin« sowie Vereinen, Stiftungen und anderen Institutionen. Insgesamt sei das Lehrpersonal »somit hinreichend ausgebildet und wird dennoch niemals antisemitische Ausfälle oder Gewalttaten an Schulen ganz verhindern können«, hieß es aus der Senatsbildungsverwaltung weiter.

Staatssekretärin Sawsan Chebli (SPD) hatte sich zuvor angesichts antisemitischer Vorfälle in Deutschland für Pflichtbesuche in ehemaligen Konzentrationslagern ausgesprochen. »Aus der deutschen Geschichte ergibt sich für alle, für Deutsche wie für Migranten und zwar unabhängig davon, ob ihre Eltern, Großeltern oder Urgroßeltern Bezug zum Holocaust hatten oder nicht, eine Verantwortung, gegen Antisemitismus zu kämpfen und damit unsere Demokratie zu verteidigen«, bekräftigte Chebli ihren Vorschlag am Freitag. Das gelte auch für Geflüchtete. Zwar sei ein Besuch von KZ-Gedenkstätten allein keine Garantie für eine Immunisierung gegen Antisemitismus. »Aber er ist ein wichtiger Beitrag zum notwendigen Kampf gegen Antisemitismus und zur Sensibilisierung auch für aktuelle Formen von Antisemitismus«, betonte die Staatssekretärin. Cheblis Vorschlag hatte eine Debatte über Pflichtbesuche in Gedenkstätten für NS-Opfer entfacht. Begrüßt wurde der Vorstoß unter anderem vom Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster. epd/nd

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