Klimawende auf hoher See

Die UN-Schifffahrtsorganisation IMO will den CO 2 -Ausstoß halbieren - vor allem mit mehr Energieeffizienz

Die Schifffahrtskrise bekommt auch der Umwelt schlecht. Zu viele Schiffe mit zu großer Ladekapazität treffen weltweit auf kaum wachsende Nachfrage. In der Folge erzielen Reeder und Logistikkonzerne nur niedrige Raten für den Transport von Schüttgut und Containern. Die Krise führt dazu, dass kaum noch neue Frachter geordert werden, die deutlich umwelt- und klimaschonender fahren. Der Verband für Schiffbau und Meerestechnik in Hamburg beklagt daher eine »Innovationsschwäche« in der maritimen Wirtschaft. Dazu trug auch der jahrelang niedrige Ölpreis bei - niedrige Treibstoffkosten machen teure Investitionen in spritsparende Technik weniger attraktiv.

Dennoch tut sich Fundamentales auf hoher See: Die 167 Mitgliedstaaten der Internationalen Schifffahrtsorganisation (IMO) haben sich kürzlich bei einer Tagung in London auf globale Klimaziele für die Branche geeinigt. Demnach soll der Kohlendioxidausstoß der 40 000 Hochseeschiffe der weltweiten Handelsflotte halbiert werden, und das bis 2050.

Der Treibhausgasausstoß der Seefahrt wird auf 800 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente geschätzt, was etwa den gesamten Emissionen Deutschlands oder 2,2 Prozent des weltweiten Ausstoßes entspricht. Ohne Gegenmaßnahmen würde laut IMO der Anteil wegen der bis 2050 erwarteten Zunahme des Welthandels auf 15 Prozent steigen. Gemessen an der Luftfahrtbranche, die nur den Zuwachs des Ausstoßes stoppen will, könnte das Versprechen einer CO2-Halbierung also ein großer Schritt sein. Allerdings hatten die EU-Vertreter in den IMO-Verhandlungen ambitioniertere Minderungsziele gefordert. Insbesondere Umweltschützer kritisieren, dass die Schifffahrtbranche weit hinter den Selbstverpflichtungen der Industriestaaten zurückbleiben, den Ausstoß bis 2050 um 80 bis 95 Prozent zu reduzieren. Die IMO formuliert lediglich als »Vision« die Reduzierung auf Null bis zum Ende des Jahrhunderts.

Doch auch die schwächeren Minderungsziele müssen erst einmal erreicht werden. Am Anfang steht die Ermittlung des tatsächlichen Ausstoßes. Zu diesem Zweck hat die IMO im März ein weltweites System zur Erfassung von CO2-Emissionen gestartet. Betreiber von großen Transportschiffen müssen dafür ihre Daten erfassen und an eine Datenbank der UN-Unterorganisation weiterleiten.

Zur Reduktion der Emissionen sollen Energieeffizienzmaßnahmen beitragen. Dazu zählen betriebliche, kraftstoffsparende Optimierungen wie »Slow Steaming« (Langsamfahren) oder »Weather Routing« (wetterangepasste Fahrtrouten). Natürlich sinkt der Ausstoß der Flotte auch, wenn weniger Schiffe voll beladen über die Meere tuckern, als wenn eine größere Anzahl halb leer fährt. Bereits 2011 hatte die IMO zudem einen »Energy Efficiency Design Index« verabschiedet, der die CO2-Emissionen eines Schiffes, berechnet aus der Antriebsleistung und dem spezifischen Kraftstoffverbrauch, ins Verhältnis zur Transportkapazität setzt. Der ermittelte Wert muss künftig unterhalb einer schiffstypenbezogenen Referenzlinie liegen, die stufenweise angepasst wird. Allerdings gilt das nur für Neubauten.

Hoffnungen werden ferner auf alternative Antriebe gesetzt. So soll künftig verstärkt Flüssiggas (LNG) verwendet werden, das gegenüber dem bisherigen Schweröl als weniger treibhausgaswirksam gilt. Das Problem: Es ist teurer im Verbrauch und die Umrüstung der Schiffe ist kostspielig. In Deutschland etwa gibt es noch nicht einmal ein LNG-Terminal. Immerhin scheint jetzt ein Konsortium ernsthaft den Bau einer solchen Schiffstankstelle im Hafen von Brunsbüttel voranzutreiben.

Über LNG wird schon länger diskutiert, aber in Zusammenhang mit der Senkung der Schwefeloxidemissionen. Der bisherige Treibstoff ist dafür verantwortlich, dass Schiffe riesige Menge hochgiftiger Abgase die Luft blasen. Hierbei sind, anders als beim CO2-Ausstoß, bereits strengere Grenzwerte beschlossen: So dürfen Schiffe auf hoher See ab 2020 nur noch Treibstoff mit einem Schwefelgehalt von 0,5 Prozent statt bisher 3,5 Prozent verbrennen oder müssen alternativ die Abgase vom Schwefel reinigen, beispielsweise mit »Scrubbern«.

Trotzdem sind wir von einer sauberen oder gar klimaverträglichen Schifffahrt noch weit entfernt. Da Schiffe eine Lebensdauer von 30 Jahren und länger haben, müssten abertausende alte Pötte nachgerüstet werden. Das ist teuer. Vor allem ärmere Länder haben sich in der IMO erfolgreich gegen zu hohe Auflagen gewehrt. Um anspruchsvolle Schutzziele durchzusetzen, denkt die EU über »verbindliche Anforderungen« an die fahrende Flotte nach. Werften und Zulieferer würden sich darüber freuen - sie versprechen sich von mehr Umweltschutz mehr Aufträge.

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