Sea-Eye rettet wieder: 44 Geflüchtete von Holzboot aufgenommen

EU-Kommissar fordert »vorläufigen« Verteilungsmechanismus für gerettete Menschen / UNHCR ruft zu Hilfe für Flüchtlinge in Libyen auf

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Rom. Kurz nach ihrer Rückkehr ins Einsatzgebiet im Mittelmeer vor Libyen hat die deutsche Hilfsorganisation Sea-Eye mit ihrem Schiff »Alan Kurdi« 44 Migranten gerettet. Der Einsatz sei in Kooperation mit den maltesischen Behörden erfolgt, erklärte die Organisation aus Regensburg am Montagabend auf Twitter. Die Menschen seien auf einem Holzboot unterwegs gewesen, das zuvor von dem privaten Suchflugzeug »Colibri« ausgemacht worden war. »Ein Schiff der maltesischen Marine ist nun auf dem Weg, um sie (die Migranten) von der #AlanKurdi zu übernehmen und an Land zu bringen«, twitterte Sea-Eye. Eine Bestätigung aus Malta gab es zunächst nicht.

Erst am Sonntag hatte sich die Inselrepublik bereit erklärt, 65 von Sea-Eye gerettete Migranten an Land zu lassen. Die »Alan Kurdi« war daraufhin ins Einsatzgebiet zurückgekehrt. Italien hatte die Einfahrt des Schiffs verboten.

Rettungseinsätze von privaten Seenotrettern endeten zuletzt immer wieder in langen Hängepartien oder mit der Beschlagnahmung von Rettungsschiffen. Besonders viel Aufmerksamkeit hatte der Fall der Kapitänin Carola Rackete bekommen, die mit dem Schiff »Sea-Watch 3« und geretteten Migranten an Bord unerlaubt nach Italien gefahren war. Gegen sie wird in Italien ermittelt.

Angesichts der akuten Probleme fordert EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos einen »vorläufigen« Verteilungsmechanismus für gerettete Geflüchtete. »Die Herausforderungen der Migration können nicht nur in der Verantwortung von Italien und Malta liegen, nur weil sich diese Staaten am Mittelmeer befinden«, sagte Avramopoulos der »Welt«.

Bis die neuen Regeln zur Verteilung von Flüchtlingen nach dem sogenannten Dublin-System Realität würden, müssten alle EU-Mitgliedstaaten ihre Arbeit beschleunigen und »vorläufige Vereinbarungen« finden, wie mit geretteten Flüchtlingen umzugehen sei.

Dabei müssten Situationen wie bei den Flüchtlingsrettungsschiffen »Sea-Watch 3« und »Alan Kurdi« sowie ähnliche Vorfälle aus der Vergangenheit, bei denen die Kommission Einzelfalllösungen zwischen den Mitgliedstaaten koordiniert hatte, verhindert werden, sagte Avramopoulos. »Nächste Woche werden wir das erste EU-Innenminister-Treffen unter finnischer Ratspräsidentschaft abhalten - ich hoffe, dass wir dort vorankommen können.«

Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) kritisierte allerdings, dass sich die EU seit dem Ende der Mittelmeer-Mission »Sophia« von »einer Notlösung zur nächsten« hangele. »Wir können nicht auf alle warten. Die aufnahmebereiten Staaten müssen jetzt vorangehen«, sagte Müller der »Bild«-Zeitung. Er bekräftigte zugleich seine Forderung nach internationaler Hilfe für die Flüchtlinge in Libyen.

Ebenso äußerte sich das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR). »Wir fordern die europäischen Regierungen auf, all ihre politischen Beziehungen zur libyschen Regierung zu nutzen, um eine deutliche Verbesserung der Lage für die Menschen in den Lagern zu erreichen«, sagte der UNHCR-Repräsentant in Deutschland, Dominik Bartsch, der »Welt«. »Ziel muss eine Freilassung aller Menschen aus den Lagern sein. Die Evakuierung der Flüchtlinge außer Landes ist eine lebensrettende Notlösung.« Agenturen/nd

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