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Wer schweigt, stimmt zu
MEINE SICHT über fehlende Abgrenzung nach rechts
Man wolle nicht noch einen Polizeieinsatz auf dem Parkfriedhof riskieren, erklärt der Heimatverein Marzahn-Hellersdorf zu seinem Rücktritt von der Mitträgerschaft am Stillen Gedenken. Man wolle dort kein Gepöbel und keine Rangeleien. Randale habe es gegeben und laut sei es zugegangen auf dem Parkfriedhof. Stilles Gedenken sehe anders aus. Und natürlich könne man die zweitstärkste Fraktion im Bezirk nicht davon ausschließen.
Der Heimatverein sieht sich auch außer Stande, Rassisten und Nationalisten, pardon, AfD-Vertreter, von einer Mitgliedschaft abzuhalten - obwohl es die Satzung nahelegt. Dass genau darin der Sinn von Vereinssatzungen liegt, liegt auf der Hand, wie man einem Vereinsvorsitzenden wohl nicht erklären muss. Aber Wolfgang Brauer, Ex- Linke-Mitglied und ehemaliger kulturpolitischer Sprecher der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, widerspricht auch nicht, wenn Vereinsmitglieder bei der Jahrespressekonferenz sagen: »Nicht alle AfD-Mitglieder sind Faschisten«. Keiner der Anwesenden widerspricht.
Dafür zeigt man sich verärgert über diejenigen, die Faschisten - die man als solche bezeichnen darf und muss - laut und deutlich widersprechen. Auch Beiträge in der Marzahner Bürgerzeitung »jotw.d.« gehen in eine ähnliche Richtung: »Sogenannte Antifaschisten« hätten »Lärm« und »Geschrei« auf dem Parkfriedhof veranstaltetet. Geht es um die AfD, ist der Ton ein anderer: Hier hätten bloß »junge Wilde« »über die Stränge« geschlagen. Auch die Marzahner AfD-Fraktion wird für ihren »geschlossenen Applaus« bei der Gedenkveranstaltung des Bezirks gelobt.
Glücklicherweise widersprechen Antifaschist*innen auch denen, die keine Faschist*innen sein wollen, aber teilen, was diese fordern. Wer schweigt, stimmt zu. Im Marzahner Heimatverein hat man ein deutliches Problem, sich nach rechts abzugrenzen. Diesen Eindruck kann auch die Erklärung zum Rückzug vom Stillen Gedenken nicht entkräften.
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