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Gewalt, perfide getarnt

Auch in der vergangenen Woche waren die Bayern wieder humoristischer Rekordmeister, dicht gefolgt von der Polizei, die kein Publikum braucht, um im Publikum Gewalttäter zu entdecken.

Bereits vergangene Woche habe ich an dieser Stelle dazu aufgerufen, bei der Betrachtung des Fußballs auch seine humoristischen Potenziale zu erkennen und zu würdigen. Zumindest aus dem Erkennen komme ich seither nicht mehr heraus. Nehmen Sie einmal die Topkomiker vom FC Bayern, bei denen in Sachen Humor die Arbeitsteilung über Jahre prächtig funktioniert hat. Hier Uli Hoeneß, den man »Abteilung Attacke« nannte, dort Kalle Rummenigge, bei dem man sich nie so ganz sicher sein konnte, welche Abteilung er nun gerade heimsuchte, der aber immer wieder für ein paar Schenkelklopfer gut war.

Seit Hoeneß weg ist, ist das Organigramm vollkommen durcheinandergeraten. Zwar haut Rummenigge spätestens seit dem Corona-Ausbruch zuverlässig einen nach dem anderen durch den verrutschten Mund-Nase-Schutz raus, aber neuerdings äußert sich auch der Cheftrainer humoristisch. Vielleicht liegt es auch an diesen Überschneidungen im Kompetenzbereich, dass die Bayern gegen Bielefeld unentschieden spielten und gegen Frankfurt verloren.

Für die Anwürfe des Corona-Experten Prof. Dr. Hans-Dieter Flick in Richtung des »sogenannten Experten« Karl Lauterbach gab es in den vergangenen Tagen jedenfalls Kritik. Und Lob von der AfD, die natürlich mal wieder alles falsch verstanden hatte. Denn Flicks etwas wirre Sätze waren wohl wirklich nicht als Kritik an einzelnen Regierungsmaßnahmen zu deuten, sondern der Ausruf einer gepeinigten Kinderseele: »So langsam kann man die sogenannten Experten gar nicht mehr hören, auch Herrn Lauterbach«, hatte Flick gesagt. Die Politik solle eine Strategie entwickeln, »dass man auch mal irgendwann wieder Licht im Tunnel sieht«. Heißt nichts anderes als: »Och menno, Papa, mach doch mal die Nachrichten aus und Kika an. Das klingt ja alles so traurig.«

Alles andere als traurig ist hingegen das letzte Kapitel aus der unendlichen Komödie mit den Hauptdarstellern Fans und Polizei. So soll es Menschen geben, die glauben, dass die »Datei Gewalttäter Sport« deshalb ihren Namen trägt, weil darin Gewalttäter abgespeichert werden. In Wirklichkeit reicht es bereits, einen Aufkleber an einem Laternenmast anzubringen und schon poppt bei der Einreise in die USA der Warnhinweis auf, dass man da gerade einen kreuzgefährlichen Menschen ins friedlichste Land der Welt einreisen lasse. Woraufhin der Fußball-Brutalo schnell in den Flieger zurück gesetzt wird.

Im Bundestag kümmert sich die Leipziger Grünen-Abgeordnete Monika Lazar seit Jahren um das Thema Menschenrechte und Fans. So auch zu Jahresanfang, als sie sich fragte, wie es die Landespolizeien geschafft haben könnten, zwischen März und Dezember 2020 über 1000 Neueinspeicherungen in die Datei vorzunehmen. In diesem Zeitraum gab es nur Geisterspiele oder solche vor 500 Zuschauern, weshalb Gewalttäter gar keine Gelegenheit hatten, Gewalt zu tun.

Die Details der staatlichen Rechtfertigungsversuche erspare ich Ihnen hier. Angeblich hat die Polizei einige »Drittort-Auseinandersetzungen« – so heißen verabredete Hooligan-Schlägereien – mitbekommen, was neben Monika Lazar auch alle Hools wundern dürfte. Denn wenn die sich zum einvernehmlichen Schmerzzufügen verabreden, tun sie es so, dass weder Polizisten noch Journalisten etwas wissen. Es scheint allerdings auch zu genügen, vor einem Stadion ein paar Fackeln anzuzünden, um in dieser Datei zu landen. Genau das wurde staatlicherseits bisher meist dementiert. Und genau das sind ganz schlechte Aussichten für die paar Dutzend BVB-Fans, die am Samstag nach dem 4:0-Derby-Sieg gegen Schalke den Dortmunder Mannschaftsbus mit Freudenschreien und Bengalos begrüßt haben. Wobei man sich fragen kann, wie tief man gesunken sein muss, wenn man sich schon über Siege gegen Schalke freut.

Ich bin jedenfalls gespannt, wie die Kriminalstatistik fürs Jahr 2020 gesamtgesellschaftlich ausfällt. Womöglich weist sie für den Festivalsommer 2020 ebenfalls exorbitante Anstiege bei der Gewaltkriminalität aus. Nur berufsmäßige Verharmloser behaupten schließlich, dass Ereignisse, bei denen es zu Gewalttaten kommt, dazu erst mal stattfinden müssen.

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