Bill Cosby ist wieder frei

Obwohl ein Gericht ihn wegen sexueller Nötigung verurteilte, ist der US-amerikanische Ex-TV-Star wieder auf freiem Fuß

  • Julia Trippo
  • Lesedauer: 2 Min.

Er war der erste Prominente, der 2018 nach Beginn der Metoo-Bewegung wegen sexuellen Missbrauchs schuldig gesprochen wurde. Doch jetzt ist Bill Cosby, der vehement seine Unschuld beteuerte, völlig überraschend wieder auf freiem Fuß.

Das Urteil war vom höchsten Gericht in Pennsylvania aufgehoben worden. Nicht etwa, weil Cosbys Schuld in Frage steht, sondern aufgrund eines formalen Fehlers. Der damals ermittelnde Staatsanwalt hatte Cosby zugesagt, keinen Strafprozess gegen ihn einzuleiten, sollte er in einem Zivilprozess um Entschädigung aussagen. Sein Nachfolger hingegen tat genau das und verwendete Cosbys Aussagen, Frauen unter Drogen gesetzt zu haben, gegen ihn. Somit ist Cosby zwar nicht frei von Schuld, aber wegen dieses Deals gilt er als unschuldig.

In dem Schuldspruch ging es um einen Fall von sexueller Nötigung Andrea Constand im Jahr 2004. Während des Verfahrens attestierte ein psychologisches Gutachten dem 83-Jährigem außerdem, dass er ein »gewalttätiger Nachsteller« sei, was bedeutet, dass Cosby sich bis zum Ende seines Lebens in Therapie oder psychologische Behandlung begeben müsse. Er soll nachgewiesenermaßen sein Opfer unter Drogen gesetzt und sich dann an der Frau vergangen haben. In einem Statement zeigte sich Constand enttäuscht über die Entscheidung. Sie sei besorgt, denn es könnte diejenigen, die durch das Strafjustizsystem im Falle von sexueller Übergriffe Gerechtigkeit suchen, davon abhalten, den Täter anzuzeigen oder auszusagen oder sich überhaupt an einer Strafverfolgung zu beteiligen.

Das irritierende an dem US-amerikanischen Rechtssystem ist, dass Cosby von einer Jury für schuldig gesprochen wurde, nun aber als freier Mann aus dem Gefängnis kommt für ein Verfahrensproblem, das völlig irrelevant ist für die faktisch bewiesene Tat. Die Entwicklung dieses Falles beweist wieder einmal, dass im Rechtssystem viel zu viele Hürden zu nehmen sind, um Fälle von sexueller Gewalt zur Verurteilung zu bringen. Und der Fall Cosby wirft auch die Frage auf, warum es überhaupt diese Schlupflöcher gibt, die verhindern, aufgrund einer bewiesenen Tat nicht angeklagt werden zu können, selbst wenn diese nachgewiesen wurde.

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