Bundesregierung setzt Abschiebungen nach Afghanistan aus

Vormarsch der islamistischen Taliban verschärft Sicherheitslage in dem Land zusehens

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Berlin. Deutschland setzt vorerst alle Abschiebungen nach Afghanistan aus, weil das Land angesichts des Vormarsches der islamischen Taliban zu unsicher für die Rückkehrer geworden ist. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) habe angesichts der »aktuellen Entwicklungen der Sicherheitslage« die Entscheidung zur Aussetzung getroffen, erklärte sein Sprecher am Mittwoch in Berlin. Nach Angaben des Ministeriums leben derzeit knapp 30.000 Afghanen in Deutschland, die eigentlich abgeschoben werden sollen.

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Mit seiner Entscheidung vollzog Seehofer einen Kurswechsel. Erst vor wenigen Tagen hatte er sich dafür ausgesprochen, die Abschiebungen nach Afghanistan zumindest für Straftäter fortzusetzen - ungeachtet des Vormarsches der Taliban in dem Kriegsland.

Die Entscheidung Seehofers kam offenbar auch für sein Ministerium überraschend. Weniger als zwei Stunden vor Bekanntwerden der Aussetzung hatte Seehofers Sprecher auf einer Pressekonferenz mit Blick auf ausreisepflichtige Afghanen gesagt, das Ministerium sei »weiterhin der Auffassung, dass es Menschen in Deutschland gibt, die das Land verlassen sollten, so schnell wie möglich«. Abschiebungen fänden nur dann statt, wenn sie mit Blick auf die individuelle Sicherheit der Abgeschobenen »vertretbar« seien »Das ist nach wie vor der Stand der Dinge«, hatte der Sprecher gesagt.

Das Auswärtige Amt erstellt derzeit einen neuen Asyllagebericht für Afghanistan, der normalerweise die Hauptgrundlage für die Entscheidung über Abschiebungen ist. Dieser Bericht liegt aber noch nicht vor. Seit 2016 sind mehr als 1000 Migranten nach Afghanistan zurückgeschoben worden. Agenturen/nd

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