Zouaves Paris aufgelöst

Behörden in Frankreich verbieten per Dekret nach gewalttätigen Übergriffen rechtsextreme Schlägertruppe

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 3 Min.

Die ultrarechte Schlägerbande Zouaves Paris ist auf der Ministerratssitzung vom Mittwoch aufgelöst und damit praktisch verboten worden. Das entsprechende, durch Innenminister Gérald Darmanin erlassene, Dekret ist mit der Veröffentlichung in der Nacht zum Donnerstag in Kraft getreten. Darin wird das Verbot damit begründet, dass die Bande zu Hass und Gewalt aufgerufen hat, wiederholt in Gewaltakte verwickelt war und dass sie die Überlegenheit der weißen Rasse propagiert, gegen Ausländer oder Homosexuelle gehetzt sowie Naziideologie verbreitet hat.

Ins Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit gerieten die Zouaves Anfang Dezember am Rande eines Wahlkampfmeetings des rechtsextremen Publizisten Eric Zemmour, als sie Mitglieder der Organisation SOS Rassisme, die mit Spruchbändern friedlich gegen den Ausländerhass und Rassismus des Präsidentschaftskandidaten protestiert hatten, vor laufenden Fernsehkameras brutal zusammenschlugen. Dabei erlitten mehrere der Demonstranten zum Teil ernste Verletzungen. Die Polizei nahm vor Ort zwei vermutliche Anführer der Zouaves fest, die Staatsanwaltschaft leitete gegen sie ein Ermittlungsverfahren ein. Einer der beiden ist die bekannteste Figur der Bande, der 23-jährige Student Marc de Cacqueray-Valmenier, der aus einer extrem rechten traditionalistisch-katholischen Adelsfamilie stammt und sich selbst als Neonazi bezeichnet.

Der Bandenname geht auf den kabylischen Stamm der Zuauas in Algerien zurück, der bereits zu Zeiten des Osmanischen Reiches Söldner und später Hilfstruppen der französischen Kolonialarmee stellte.

Die Zouaves Paris, die nur 20 bis 30 Mitglieder zählen, gab es unter ihrem aktuellen Namen seit etwa 2017, doch ihre Geschichte reicht viel weiter zurück. Ihre historischen Wurzeln sah die Bande bei den Royalisten und der ultrarechten Bewegung Action française im Vorkriegsfrankreich. Ein Vorläufer ist die Studentenorganisation Groupe Union Défense (GUD) an, die als Reaktion auf die linken Studentenunruhen vom Mai 1968 entstanden war. Als sich die GUD 1981 nach dem Wahlsieg des ersten linken Präsidenten François Mitterrand selbst auflöste und damit einem Verbot zuvorkam, formierten sich die Mitglieder des »harten Kerns« der GUD neu unter dem Namen Bastion Social.

Per Dekret wurde die Bastion Social 2019 aufgelöst, doch zuvor hatten sich bereits Teile davon als Zouaves Paris formiert. Die fielen erstmals 2018 durch einen Überfall auf Anhänger der algerischen Mannschaft bei einem Ausscheidungsspiel für die Fußball-WM auf. Auch später agierten sie eng mit Fußball-Hooligans zusammen. Ende 2018 machten die Zouaves Schlagzeilen, als sie sich bei einer Demonstration der Gelbwesten auf den Pariser Champs-Élysées Straßenkämpfe mit der Polizei lieferten und das Museum des Triumphbogens verwüsteten. Danach wurde Marc de Cacqueray-Valmenier zu sechs Monaten Gefängnis mit Bewährung verurteilt.

Anfang 2019 überfielen die Zouaves eine Demo der Neuen Antikapitalistischen Partei NPA. 2020 griffen sie Journalisten an, die über eine Demonstration von Gegnern der Maßnahmen zugunsten des Kinderwunschs lesbischer Frauen berichten wollten. Im Juni 2020 überfielen die Zouaves ein Bistro in Paris, in dem Antifaschisten verkehrten.

Dafür wurde gegen zwei Verantwortliche ein Prozess eingeleitet. Das Urteil soll Ende Januar fallen. Einer der beiden ist erneut Marc de Cacqueray-Valmenier. Er war Ende 2020 in Bergkarabach und nahm an der Seite der Armenier an den Kämpfen gegen die Streitkräfte Aserbaidschans teil. Im Internet bezeichnete er diesen Konflikt als »Heiligen Krieg der Christenheit« gegen die von der Türkei unterstützten »muslimischen Aggressoren«. Auf Bildern von der Kaukasus-Front präsentierte er sich schwer bewaffnet in Kampfuniform mit aufgesticktem Totenkopf wie bei der gleichnamigen SS-Division.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal