- Kommentare
- Ukraine-Krieg
Krieg ist nicht gleich Krieg
Russlands Aggression wird als Anlass für ein reaktionäres Rollback benutzt
»Imagine« heißt einer der berühmtesten Songs von John Lennon - »Stell dir vor«. Ein Friedenslied aus Zeiten des Vietnam-Kriegs. Sich derzeit Frieden vorzustellen, strapaziert die Fantasie erheblich. Aber man stelle sich für den Anfang wenigstens vor, dass künftige Aggressoren mit genau solchen umfassenden Sanktionen bestraft werden wie jetzt Russland. Dass Regierungen und Firmen, die Krieg führen oder unterstützen, so isoliert und geächtet werden wie jetzt Putin und die Oligarchen. Dass in Finanzwirtschaft, Kultur, Sport die Kanäle zugemacht werden. Das wäre immerhin eine - wie heute gern formuliert wird - nachhaltige Lehre aus dem grausamen Krieg gegen die Ukraine.
Lesen Sie auch zum Thema: Krieg ist nirgendwo normal - Birthe Berghöfer über Rassismus in den Berichten zur Ukraine
Teller und Rand ist der neue ndPodcast zu internationaler Politik. Andreas Krämer und Rob Wessel servieren jeden Monat aktuelle politische Ereignisse aus der ganzen Welt und tischen dabei auf, was sich abseits der medialen Aufmerksamkeit abspielt. Links, kritisch, antikolonialistisch.
Alle Erfahrung spricht allerdings dagegen, dass es so kommt. Große Militärmächte wie die USA, China, Russland, Indien und die Türkei akzeptieren den Internationalen Strafgerichtshof nicht, der Kriegsverbrechen untersuchen und bestrafen soll. Teile der westlichen Politik und Medien ergehen sich angesichts der russischen Aggression in einer schwer erträglichen Selbstgerechtigkeit und fordern gleichzeitig rabiate Aufrüstung. Als wäre die Erde nicht schon bis über die Vernichtungsgrenze hochgerüstet.
In der »Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung« wurde jetzt die »Folklore um die Entspannungspolitik der 70er Jahre« angegiftet. Politiker wie Matthias Platzeck, die sich um ein gutes Verhältnis zu Russland bemühten, werden als naive Handlanger Putins verächtlich gemacht. Hier und da heißt es schon, Deutschland müsse sich von seinen pazifistischen Träumereien lösen. Deutschland pazifistisch? Das ist in bitteren Zeiten immerhin ein guter Witz. Doch das Lachen bleibt im Halse stecken. Denn für viele im Westen heißt die Schlussfolgerung aus diesem Krieg offenbar nicht: mehr Verständigung. Sondern: mehr Konfrontation.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.