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Wahlkampf im Windschatten

SPD und Grüne setzen in Nordrhein-Westfalen auf ihre erfahrenen und prominenten Bundespolitiker*innen

»Gemeinsam für NRW und Deutschland« steht auf einem Plakat, das die nordrhein-westfälische SPD im Wahlkampfendspurt präsentiert hat. Darauf zu sehen sind Thomas Kutschaty, der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen werden möchte, und Olaf Scholz, der schon Bundeskanzler ist. Scholz ist trotz Ukraine-Krieg und zahlreicher anderer Aufgaben oft im Wahlkampfeinsatz in NRW – ob beim Auftakt des SPD-Wahlkampfs Anfang April in Essen, beim DGB am 1. Mai in Düsseldorf oder an diesem Freitag in Köln. Wenn die Sozialdemokraten groß zum Wahlkampf einladen, dann ist Scholz dabei.

Aus Sicht der SPD macht das durchaus Sinn. Ihre Erzählung ist so simpel wie einleuchtend. Wenn Nordrhein-Westfalen und der Bund von derselben Partei regiert werden, dann hilft das dem Land. Vom »kurzen Draht nach Berlin« sprach SPD-Chef Lars Klingbeil bei verschiedenen Gelegenheiten.

Für die NRW-SPD dürfte das nur ein Motiv sein, im Wahlkampf so stark auf Scholz zu setzen. Denn ihr Spitzenkandidat Thomas Kutschaty ist bisher nicht wirklich bekannt. Da hilft die Unterstützung eines Olaf Scholz ungemein, der bis auf seine abwägende Haltung im Ukraine-Krieg eine gewisse Strahlkraft entwickelt hat. Die Botschaft der SPD, die sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit der CDU liefert, ist klar: Wer Kutschaty wählt, der bekommt auch mehr Scholz an Rhein und Ruhr.

Ähnlich wie Kutschaty auf Scholz setzt, setzen die Grünen in NRW auf ihre Bundesprominenz. Während der SPD-Spitzenkandidat immerhin auf mehrere Jahre als Justizminister im Land verweisen kann, fehlt der Grünen-Spitzenkandidatin sowohl Parlaments- als auch Regierungserfahrung. Doch Mona Neubaur schafft es, dass Fragen danach ausgeblendet werden. Landespolitisch ist sie da, wo eine Grünen-Spitzenpolitikerin sein muss. Proteste am Braunkohletagebau? Neubaur ist dabei. Verkehrswende? Die aus Bayern stammende Grüne demonstriert dafür.

Und auch zur Wirtschaft hat sie gute Kontakte geknüpft. Beim kleinen Parteitag der Grünen Ende April in Düsseldorf war Christian Kullmann, Chef des Chemiekonzerns Evonik, voll des Lobes für Neubaur. Dass die Grünen-Spitzenkandidatin das Wirtschaftsministerium als Ziel vor Augen hat, ist ein offenes Geheimnis. Im Wahlkampf präsentiert sie sich als als Hybridmodell aus Annalena Barbock und Robert Habeck. Weiblich, wirtschaftskompetent, ausdrucksstark und durchsetzungsfähig. Das will Neubaur bei den Wahlkampfterminen mit den Spitzengrünen ausstrahlen.

Wenig Ausstrahlung auf den Wahlkampf der CDU hat das Wirken von Friedrich Merz als Parteivorsitzender. Der Sauerländer trat bisher eher bei Provinzveranstaltungen oder vor der Parteibasis auf. Bundespolitisch ist das Bild von Merz auch zu uneindeutig, um NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst wirklich Rückenwind zu geben. Da ist ein Wahlsieger wie der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther schon das bessere Vorbild. Kein Wunder also, dass Wüst Anfang der Woche mit Günther vor die Presse trat.

Bei der von der CDU verlorenen Saarland-Wahl Ende März war das noch anders. Statt sich zum Wahlergebnis zu äußern, veröffentlichte Wüst ein Foto von sich mit Kinderwagen im Sonnenschein. Die Kirschblüte im Münsterland war für ihn spannender als eine Landtagswahl. Wüst ist als Nachfolger von Armin Laschet erst seit einem halben Jahr im Amt. Sollte er abgewählt werden, wäre er der nordrhein-westfälische Ministerpräsident mit der kürzesten Amtszeit in der Geschichte. Das will der 46-jährige Christdemokrat natürlich verhindern. Allerdings fehlt ihm dafür das Profil. Einerseits zeigt sich Wüst offen für grüne Themen. Den Kohleausstieg 2030 hält er, anders als sein Konkurrent von der SPD, für eine ausgemachte Sache. Andererseits versuchte er in den letzten Wochen, etwa mit negativen Aussagen zum Muezzinruf in Köln, auch Stimmen vom rechten Rand zu gewinnen.

Wer wie viel vom Bundestrend profitiert, wird am Sonntag zu den spannendsten Fragen gehören. Derzeit sieht alles danach aus, als ob die Grünen sich aussuchen können, wer mit ihnen Ministerpräsident wird. Eine Fortsetzung von Schwarz-Gelb gilt als unwahrscheinlich. Schwarz-Grün und Rot-Grün haben je nach Umfrage eine Mehrheit. Auch eine Ampel oder ein Jamaika-Bündnis sind möglich.

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