Bekenntnispoet

Dem ukrainischen Autor Serhij Zhadan wird der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels verliehen

Es gibt Literaturpreise, die für ein schriftstellerisches Werk vergeben werden, und solche, die nur Symbolpolitik sind. Kultur- als Fortsetzung der Außenpolitik. Eine Würdigung von letzterer Art ist der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Wie der Stiftungsrat am Montag bekannt gab, soll der Schriftsteller Serhij Zhadan in diesem Jahr diese Auszeichnung erhalten.

Zhadan wurde 1974 in der Ostukraine geboren und wuchs in Charkiw auf, wo er bis heute lebt. Der promovierte Literaturwissenschaftler ist seit Jahrzehnten integraler Bestandteil der dortigen Kulturszene. Als Lyriker begann er seine Schriftstellerlaufbahn, wurde bald auch Romancier, Essayist und Übersetzer. Daneben verfolgt er einen zweiten Berufsweg als Musiker. Die Verwendung der ukrainischen Sprache kann in dem Landesteil als politisches Bekenntnis gewertet werden. In gewisser Weise folgerichtig wurde er zum Akteur der Orangen Revolution (2004) und der Maidanbewegung (2013/14).

Seit Mitte der 2000er Jahre können seine leichtfüßigen Werke über das Leben im Postkommunismus – »Anarchy in the UKR« und »Die Erfindung des Jazz im Donbass« heißen die bekanntesten Titel – auch auf Deutsch gelesen werden. Sie wirken wie eine verspätet nachgeholte Popliteratur mit ukrainischer Grundierung. Kritischere Geister sehen in Zhadans Prosa, ähnlich wie bei seinem Landsmann Juri Andruchowytsch oder seinem polnischen Schriftstellerkollegen Andrzej Stasiuk, auch einen Akt der Selbstexotisierung. Der Osten Europas als Ruine.

In einem »Spiegel«-Gastbeitrag im März hat er, zu Recht, das Wegschauen des Westens vor Russlands Wüten in der Ukraine seit 2014 beklagt. Leichtfertig hantiert er aber mit dem Begriff Völkermord und kommt zu der kruden Einschätzung, für die Zerstörung der Ukraine würden »die Russen« (wer ist das?) eine kollektive Verantwortung tragen. Ob solche Vereinfachungen einem Friedenspreisträger gut zu Gesicht stehen?

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