Bischöfe im Hinterzimmer

Die katholischen Reformbemühungen gehen nur langsam voran

Fast zwei Stunden hatten die Mitglieder des Synodalen Wegs am Freitag schon über einen Text zur Neubewertung der Rolle der Frau in der katholischen Kirche diskutiert. Die Redner*innenliste war abgearbeitet, als nächstes hätte die Abstimmung angestanden. Da meldete sich der Limburger Bischof Georg Bätzing mit einem Geschäftsordnungsantrag. Er bat um eine Unterbrechung, um mit den anderen Bischöfen in einem Nebenraum zusammenkommen zu können. Bätzings Antrag wurde angenommen. Eine halbe Stunde sprachen die Bischöfe dann miteinander. Als sie damit fertig waren, hatten sie einen Änderungsantrag vorbereitet, der ermöglichen sollte, dass die meisten von ihnen dem Text, in dem es um Grundsätzliches wie die Priesterinnenweihe ging, zustimmen können. In die Einleitung des Textes wurde ein Absatz eingefügt, in dem es heißt, die »höchste Autorität in der Kirche« also Papst und Konzil, sollten die Rolle der Frau in der Kirche überprüfen. Damit wurde am Anfang des Textes deutlich gemacht, dass die katholische Kirche in Deutschland in der Frauenfrage keine Alleingänge absolviert und lediglich eine Bitte nach Rom richtet. Dem konnten sogar die meisten konservativen Bischöfe zustimmen.

Hardliner wie der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer, Stefan Oster aus Passau oder der Kölner Rainer Maria Woelki verweigerten auch diesem Kompromissvorschlag ihre Zustimmung. Für den Synodalen Weg war die breite Zustimmung der Bischöfe wichtig. Zunächst deuteten die Zeichen noch auf ein Scheitern des Reformprojekts hin. Am Vorabend hatte eine Minderheit von 21 Bischöfen einen Text zur Neubewertung der Sexualethik abgelehnt. Da Texte von Zweidritteln der Bischöfe mitgetragen werden müssen, reichten diese wenigen Stimmen. Große Teile der Synodalversammlung zeigten sich schockiert und einige auch offen wütend. Was den Unmut vor allem steigerte: Nur die wenigsten Bischöfe hatten geäußert, dass sie dem Text nicht zustimmen werden. Von einer Verweigerungshaltung an der Mitarbeit beim Synodalen Weg war die Rede. Maria Mesrian, die an zahlreichen Reformgruppen wie »Maria 2.0« mitwirkt, schrieb in einem Facebook-Beitrag von einem »kalten System der Macht«, das sein Gesicht gezeigt habe. Zwei Jahre, solange dauert der Synodale Weg schon, hätten die Bischöfe versucht zu verschleiern, »dass sie nie an etwas anderem interessiert waren als an ihrem Machterhalt.« Es sei eine kleine klerikale Elite, von der die Spaltung der Kirche vollzogen würde.

Zur Spaltung kam es bei diesem vorletzten Treffen des Synodalen Wegs nicht. »Für uns im Zentralkomitee der deutschen Katholiken waren diese Aussprachen unter Bischöfen der entscheidende Punkt, um sagen zu können: Wir können hier weitermachen. Wir müssen das Projekt Synodaler Weg nicht aufgeben«, erklärte Irme Stetter-Karp, Vorsitzende des Zentralkomitees deutscher Katholiken. Die Hinterzimmergespräche der Bischöfe dürften also einen entscheidenden Anteil daran gehabt haben, dass über das Wochenende noch einige Texte beschlossen wurden, die einen klaren Reformkurs aufzeigen. So soll Homosexualität genauso wie Trans- und Intergeschlechtlichkeit in der Kirche nicht mehr diskriminiert werden. Außerdem soll perspektisch ein bundesweiter Synodaler Rat eingeführt werden. Dieser Rat soll sich aus Laien und Bischöfen zusammensetzen und Grundsatzentscheidungen zu Zukunftsfragen wie auch Haushaltsangelegenheiten treffen können.

Am Samstag bilanzierte Georg Bätzing, als Präsident des Synodalen Weg, Frankfurt sei kein Desaster, sondern zeige »eine Kirche im Aufbruch.« Ein Aufbruch mit vielen Fragezeichen. Unter den Bischöfen gibt es weiterhin eine Minderheit, die jedes Reformvorhaben ablehnt. Fraglich bleibt, wie groß ihre Zahl wäre, wenn der Änderungswille nicht nur als Bitte an Rom sondern als verbindliches Vorhaben formuliert worden wäre. So wird dem Vatikan weiterhin viel Entscheidungsmacht über die Zukunft der katholischen Kirche in Deutschland gegeben. Dass der Vatikan davon auch Gebrauch macht, wurde erst im Juli durch eine Mitteilung aus Rom klar. Darin hieß es, dass der Synodale Weg nicht dazu befugt sei, »Bischöfe und die Gläubigen zur Annahme neuer Formen der Leitung und neuer Ausrichtungen der Lehre und der Moral zu verpflichten.« Neue Strukturen oder Veränderungen der Lehre könnten eine »Bedrohung der Einheit der Kirche« darstellen. Die deutschen Katholiken seien aber eingeladen, ihre Ideen und Vorschläge in einen synodalen Prozess der Weltkirche einfließen zu lassen.

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Was die Papiere, die der Synodale Weg in Deutschland beschlossen hat und noch beschließen wird, wert sind, wird sich also noch zeigen. Jetzt heißt es erstmal warten auf Rom. Dass der Vatikan die Reformvorschläge durchwinkt, ist schwer vorstellbar.

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