Letzte Runde im Wer-mit-wem-Poker

Koalitionsentscheidung im Verlauf der Woche erwartet

Die Sondierungen in Berlin neigt sich dem Ende zu: Noch in dieser Woche wollen die Parteien über Koalitionsverhandlungen entscheiden. Das kündigten CDU-Spitzenkandidat Kai Wegner und die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) am Freitag nach der dritten Sondierungsrunde beider Parteien an. »Wir konnten alle Themen, die wir uns vorgenommen haben für die Sondierungsgespräche auch abschließen«, sagte Giffey.

Zuvor soll es noch letzte Sondierungsrunden geben: Am Montagvormittag wollen SPD, Grüne und Linke zum dritten Mal zusammenkommen, um über eine Fortführung des bisherigen rot-grün-roten Regierungsbündnisses zu beraten. Am Dienstag kommen dagegen CDU und Grüne erneut zusammen, um die Möglichkeiten einer schwarz-grünen Koalition auszuloten. Für die Tage danach sind Sitzungen der Parteigremien geplant, die zu einer Entscheidung führen sollen.

Eine Tendenz wollen politische Beobachter noch nicht erkennen. Die Signale bleiben bisher vage: Nach den Gesprächen der CDU mit SPD und Grünen werden jeweils die produktive Atmosphäre und die Intensität der Gespräche gelobt – offenbar um deutlich zu machen, dass die Differenzen zwischen den Parteien gar nicht so groß sind, wie es im Wahlkampf erschien. Ganz anders die Gespräche zwischen Rot, Grün und Rot: Hier sprechen die Beteiligten am liebsten von »nachdenklichen« Debatten, mit der Implikation, dass die regierende Koalition, sollte es zu einer Neuauflage kommen, nicht einfach nur den Koalitionsvertrag von 2021 fortführen würde, sondern Revisionen in Programmatik vornehmen würde.

Etwas deutlicher werden hingegen die inhaltlichen Linien, an denen die Debatten hinter den verschlossenen Türen verlaufen. Große Übereinstimmungen gab es nach Angaben von CDU-Chef Wegner mit der SPD beim Thema Enteignungen. »Wir sind uns im Umgang mit diesem Volksentscheid weitestgehend einig«, sagte er am Freitag. »Wie wir das konkret dann umsetzen, das werden mögliche Koalitionsverhandlungen dann ergeben.« Auch Giffey betonte ihre ablehende Haltung zum Volksentscheid. Ob das in ihrer Partei, in der es auch viele Enteignungsbefürworter gibt, ähnlich gesehen wird, wird sich im Verlauf der Woche zeigen.

Bei Rot-Grün-Rot gibt es zumindest Einigkeit über die Tagesordnung: Die drei Parteien hätten ein gemeinsames Verständnis entwickelt von den Themen, bei denen sie noch einmal nachjustieren und einen Schritt vorankommen müssten, sagte Grünen-Chefin Bettina Jarasch nach der letzten Sondierungsrunde. »Wir haben begonnen, die abzuarbeiten und sind ein gutes Stück vorangekommen.« Besonders bei den Themen Klimaschutz und Wohnen gebe es schon Fortschritte. Die Enteignungsfrage könnte aber auch hier entscheidend werden: Giffey hatte in der vergangenen Woche gesagt, dass eine Einigung beim Umgang mit dem Volksentscheid Voraussetzung für eine Koalition sei.

Eine neue Richtung könnte den Sondierungen die Bekanntgabe des amtlichen Endergebnisses der Wahl vom 12. Februar am Montag geben. Zuvor will der Landeswahlausschuss zusammenkommen und das Ergebnis formal bestätigen. Davor stimmt das Gremium aber noch darüber ab, ob es im Wahlkreis Lichtenberg 3 eine Nachzählung geben soll. Dort hatte der CDU-Direktkandidat mit nur zehn Stimmen Vorsprung vor seiner Konkurrentin von der Linkspartei gewonnen. Sollte dem Antrag auf Nachzählung stattgegeben werden, müsste die Bekanntgabe verschoben werden.

Laut dem Entwurf, die an die neun Mitglieder des Wahlausschusses versandt wurden, ist der hauchdünne Vorsprung der auf Platz zwei liegenden SPD vor den Grünen von 105 Stimmen im vorläufigen Ergebnis auf nunmehr 53 Stimmen zusammengeschmolzen. Landeswahlleiter Stephan Bröchler hat aber darauf hingewiesen, dass der Entwurf noch nicht amtlich sei und dass es noch zu Verschiebungen kommen könnte. »Darüber hat der Landeswahlausschuss bei zu befinden«, sagte er. Würden die Grünen die SPD überholen, könnten sie die Führungsrolle in einer etwaigen grün-rot-roten Koalition beanspruchen. mit dpa

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