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Alterspräsident Wansner: Von »Clan-Größen« und jungen Migranten

Vor der Wahl der neuen Präsidentin Cornelia Seibeld sorgt der CDU-Politiker für Empörung im Abgeordnetenhaus

»Ich weiß, dass es ein Vorschussvertrauen ist, denn viele von Ihnen kennen mich noch nicht«, sagt Cornelia Seibeld nach ihrer Wahl zur neuen Präsidentin des Abgeordnetenhauses. Insgesamt 157 Ja-Stimmen – mindestens 80 waren Voraussetzung – haben die CDU-Abgeordnete zur zweiten Frau in der Geschichte gemacht, die an der Spitze des Berliner Landesparlaments sitzt. Seibeld beerbt den SPD-Abgeordneten Dennis Buchner, der das Amt seit November 2021 bekleidet hat.

Kurz nach ihrer Wahl beschwört Seibeld am Donnerstag die Einheit des Hauses, in deren erster Reihe nach wie vor die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD), Mobilitätssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) und Kultursenator Klaus Lederer (Linke) sitzen. Das war wohl auch nötig. Schließlich hatte Alterspräsident Kurt Wansner (CDU) zuvor für ordentlich Unruhe unter den Abgeordneten gesorgt. So zeichnete der 75-Jährige in seiner Eröffnungsrede nicht nur ein düsteres Bild vom Zustand der Hauptstadt, sondern bediente sich auch diverser Stereotype.

Bei den meisten Menschen im Land, so Wansner, habe sich mittlerweile eine abwertende Haltung gegenüber Berlin durchgesetzt: »Das dürfen wir als Abgeordnete dieser Stadt nicht so ohne Weiteres stehen lassen.« Es folgt eine Aufzählung dessen, was der Alterspräsident für die größten Sorgen der Berliner*innen hält. An erster Stelle stehe »mit Abstand« das Verlangen nach Sicherheit. »Es muss uns doch interessieren, wenn gewisse kriminelle Großfamilien in Berlin ihre Raubzüge hier deutschlandweit planen und wenn junge Migranten ihre ›Clan-Größen‹ in ihren Wohngegenden als ihre Vorbilder ansehen«, sagte der CDU-Politiker.

Wansner will Kitas, Schulen, Sportvereine und Wirtschaftsverbände stärker einbinden. Für »diese Jugendlichen« müssten qualifizierte Ausbildungsstellen angeboten werden. Wansner sprach dann auch noch über Berliner Alltagskriminalität, über Frauen, die sich beim Gang ins Theater nicht mehr sicher fühlten. Applaus erhält er aus den Reihen der CDU und AfD.

Damit nicht genug: Auf dem Weg zum Abgeordnetenhaus, berichtete Wansner, sei er an »Dreckbergen« vorbeigefahren, die sich überall in der Stadt an den Straßenrändern türmten. In der Hauptstadt fehle es zudem an Respekt vor Polizei und Feuerwehr, wie in der Silvesternacht einmal mehr zutage getreten sei. Auch die angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt erwähnte er. Um zu verhindern, dass gut ausgebildete Menschen die Hauptstadt verlassen, müsse endlich der Wohnungsbau vorangetrieben werden: »Brandenburg freut sich schon.« Auf den Volksentscheid zur Vergesellschaftung großer Wohnungskonzerne ging er nicht ein.

Noch während der Rede des Alterspräsidenten hagelte es Kritik. »Peinlich, peinlicher, Kurt Wansner«, schrieb die Wohnungsexpertin der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Katrin Schmidberger, auf Twitter. In seiner Eröffnungsrede habe der Alterspräsident »null Neutralität« gezeigt. »Unwürdig«, urteilte der Grüne-Abgeordnete Vasili Franco, der wie Schmidberger auf den Beifall von rechts verwies.

Von einem »Vorgeschmack auf die nächsten Jahre« sprach Niklas Schrader. »Alterspräsident Wansner nutzt die konstituierende Sitzung des Abgeordnetenhauses für sinnfreies Geschwafel über Silvester und Migranten, die bitte ›Facharbeiter‹ werden sollen«, ärgerte sich der innenpolitische Sprecher der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus.

Unzufrieden, ja bestürzt zeigte sich auch Orkan Özdemir vom voraussichtlichen Koalitionspartner SPD. »Das muss die unpassendste Rede eines Alterspräsidenten gewesen sein«, kritisierte der Integrationsexperte. »Dieses Amt hat das nicht verdient.«

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