EU-Mercosur-Abkommen: Freihandel auf Kosten aller

Agrar- und Klimaaktivisten wollen EU-Mercosur-Abkommen verhindern

  • Martin Ling
  • Lesedauer: 2 Min.

2019 waren es besondere Zeiten, die nach 20 Jahren Verhandlungen ein Grundsatzabkommen zwischen der Europäischen Union und dem Mercosur (Gemeinsamer Markt des Südens) ermöglichten: Erstmals seit 1999 regierten in den Mercosur-Staaten Argentinien, Brasilien, Uruguay und Paraguay gleichzeitig neoliberale Regierungen, auch die in Uruguay damals amtierende linke Frente Amplio war in der Außenwirtschaft keine Ausnahme. Die EU-Kommission nutzte die Gunst der Stunde. Doch der ultrarechte brasilianische Präsident Jair Bolsonaro entpuppte sich offen als Vernichter des Regenwaldes und deshalb wollte die EU dann doch keinen endgültigen Vertrag schließen. Die Lage hat sich geändert, seit in Brasília mit Jahresbeginn 2023 der linke Präsident Luiz Inácio »Lula« da Silva wieder an der Regierung ist. Die letzten Vorbehalte gegen das Abkommen soll eine Zusatzvereinbarung ausräumen, die Menschenrechtsverletzungen, Umwelt- und Klimaschäden verhindern soll.

Besondere Zeiten erfordern außergewöhnliche Bündnisse. Bei der Pressekonferenz am 22. Mai in Berlin traten erstmals vier Gruppen gemeinsam auf: Matthias Everinghoff, Landwirtschaft verbindet Deutschland, Luisa Neubauer, Klimaaktivistin von Fridays for Future (FFF), Paula Gioia, Mitglied der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (ABL), und Malte Kleinwort, Parents for Future. Sie verbinden Umwelt- und Agrarbereich und sie lehnen das Abkommen in seiner jetzigen Form ab, was auch für viele andere Nichtregierungsorganisationen gilt wie Misereor, Greenpeace oder das Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika. Die Einschätzung, die sie alle eint: Das 2019 nach vollkommen intransparenten Verhandlungen politisch abgeschlossene Handelsabkommen zwischen der EU und den vier Mercosur-Staaten schadet Landwirt*innen und heizt die Klimakrise weiter an. »Das EU-Mercosur-Abkommen gefährdet die Rechte von uns Bäuerinnen und Bauern auf beiden Seiten des Atlantiks. Industriell erzeugte Fleischimporte drücken die Preise nach unten und konterkarieren den Umbau der Tierhaltung in Deutschland, während billige Exporte bäuerliche Existenzen in den Mercosur-Ländern zerstören. Wir brauchen stattdessen wertschöpfende Preise für regional erzeugte Lebens- und Futtermittel hier und weltweit. Die Bundesregierung darf diesem schädlichen Abkommen nicht zustimmen, sondern muss sich stattdessen für die Umsetzung der UN-Bauernerklärung und eine wirksame Qualifizierung im Agraraußenhandel stark machen«, sagte Paula Gioia.

Bei der Pressekonferenz bleibt es nicht. In ganz Deutschland werden Landwirt*innen und Klimaaktivist*innen in den kommenden Wochen mit gemeinsamen Aktionen gegen das EU-Mercosur-Abkommen demonstrieren, am 26. Mai zum Beispiel in Bonn vor dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz.

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