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Union-Busting gegen Content-Moderator
Hohe psychische Belastung und wenig Geld, Cengiz Haksöz will das ändern
Die Arbeit von Cengiz Haksöz darf man sich nicht allzu leicht vorstellen. 4000 Stunden Gewalt musste er sich ansehen. Bei der Firma Telus International arbeitet er als Content-Manager. Was auf Facebook und Instagram nicht laufen soll, muss er anschauen. »Das schrecklichste, gewalttätigste Material, das Sie sich vorstellen können«, beschrieb er kürzlich bei einer Anhörung im Bundestag, womit er sich befassen muss.
Das macht psychisch krank, viele Content-Moderator*innen leiden etwa an Depressionen oder posttraumatischen Belastungsstörungen. Haksöz berichtet von einer Kollegin, die Suizid begangen hat. Er glaubt, wegen der Belastungen bei der Arbeit. Eigentlich würde Cengiz Haksöz gerne seine Doktorarbeit in Anthropologie fertig schreiben, gegenüber Verdi sagt er aber, dass er am Ende eines Arbeitstags »geistig und emotional völlig ausgelaugt« sei.
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Mindestens 5000 Content-Moderator*innen gibt es in Deutschland. Der zweite große Anbieter neben Telus International ist Majorel aus Berlin. Viel mehr als den Mindestlohn verdienen viele nicht. Im März ist ein Manifest von Moderator*innen erschienen. Neben höheren Löhnen fordern sie eine psychologische Betreuung und ein Ende der Geheimhaltungskultur in der Branche. Cengiz Haksöz hat darüber nicht nur im Bundestag gesprochen, sondern auch in den Medien. Telus International hat ihn nun freigestellt und ein Betretungsverbot für die Firma ausgesprochen. Haksöz habe Arbeitsvereinbarungen verletzt. Die öffentlichen Vorwürfe spiegelten nicht die Realität wider, so das Unternehmen. Pikant: Cengiz Haksöz ist Wahlvorstand für die im Juli angesetzten Betriebsratswahlen. Verdi geht gegen seine Freistellung vor, bezeichnet das Vorgehen als Union-Busting. Die Gewerkschaft prüft eine Klage wegen Behinderung der Betriebsratswahl.
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