Habecks Rede zu Nahost: Sicherheit für wen?

Jana Frielinghaus über die Rede des Vizekanzlers an die Nation

Die Medienwelt ist begeistert über das Video, das Vizekanzler Robert Habeck auf der Plattform X veröffentlicht hat. Nach seinen Ansagen zur Sicherheit Israels als deutsche Staatsräson hätten sich Tausende im Land und im Ausland gesehnt, heißt es. Habeck verweist einmal mehr auf die besondere Verantwortung Deutschlands für die Sicherheit von Juden. An etlichen Punkten aber ist seine Rede höchst manipulativ. Besonders bedenklich angesichts des vergifteten Diskurses über »importierten« Antisemitismus: Seine ersten Adressaten sind die Muslime in Deutschland. Er fordert sie alle und eben nicht nur ihre Verbände auf, sich in der aktuellen Situation »klipp und klar« von jedem Antisemitismus zu distanzieren, »um nicht ihren eigenen Anspruch auf Toleranz zu unterlaufen«. Das ist faktisch die Drohung mit Entzug von Sicherheit. Dabei ist die Sicherheit von Muslimen gerade seit den Hamas-Angriffen auf Israel – wie die von Juden – viel stärker gefährdet als vorher, das zeigen aktuelle Statistiken. Habeck aber weist ihnen die größte Verantwortung für Hass, Gewalt und Hetze zu und eben nicht deutschen Nazis.

Und es kann nur zynisch genannt werden, wenn Habeck betont, jedes tote Kind auch in Gaza sei eines zu viel, wenn er zugleich nicht einmal die UN-Forderung nach einer humanitären Feuerpause unterstützt. Vielmehr diffamiert er Leute, die sich gegen Flächenbombardements in Gaza wenden, letztlich als Terrorunterstützer, die das Existenzrecht Israels in Frage stellen. Dabei interessiert es ihn und die Bundesregierung wenig, dass sich in Israel insbesondere Angehörige der von der Hamas Verschleppten und weltweit auch Hunderttausende jüdische Menschen explizit gegen das Vorgehen Israels gegen Zivilisten im Gazastreifen wenden – weil gerade dies die Sicherheit des Landes und seiner Bürger auf weitere Jahrzehnte gefährdet.

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