Signa-Pleite: Was tun mit den Warenhäusern?

Die Pleite des Signa-Konsortiums öffnet Diskussionen über Alternativen für Warenhausstandorte

  • David Rojas Kienzle
  • Lesedauer: 4 Min.
Die Krise der Warenhäuser ist nicht neu: Schon 2009 war Karstadt bedroht.
Die Krise der Warenhäuser ist nicht neu: Schon 2009 war Karstadt bedroht.

Während in Österreich schon vom Mobiliar bis hin zu Kleiderbügeln alles aus dem Bestand der insolventen Signa-Gruppe versteigert wird, diskutiert man in Berlin der Umgang mit dem windigen Investor. Die Pleite war am Montag zum wiederholten Mal Thema im Stadtentwicklungsausschuss des Abgeordnetenhauses. Auf Antrag von Grünen- und Linksfraktion wurde die Zukunft der Warenhäuser mit einer Expertenanhörung besprochen. Denn der Immobilieninvestor René Benko hat nicht nur Baulücken in der Stadt hinterlassen, sondern auch den Fortbestand der Berliner Warenhäuser in Gefahr gebracht.

Signa nutzte eine spezielle Konstruktion für den Betrieb der Warenhäuser: In einer Gesellschaft war der Warenhausbetreiber Galeria Karstadt Kaufhof Gruppe (GKK). Die Immobilie, in der sich das Warenhaus einmietete, in einer anderen, beide in Besitz von Signa. So konnte der Immobilienhai Mieten verlangen, die weit über dem üblichen Niveau von zehn Prozent Umsatzmiete, also zehn Prozent des Umsatzes, lagen. »Die Warenhäuser sind unter die Räuber gekommen«, meinte etwa Nils Busch-Petersen, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Berlin-Brandenburg. Sie seien schon vor Signa von Investoren und Eigentümern geplündert worden.

Christoph Trautvetter vom Netzwerk Steuergerechtigkeit machte eines der Grundprobleme mit dem Unternehmen klar: »Signa hat alles getan, um nicht als ein Konzern aufzutreten.« Das Geflecht der Unternehmensgruppe, mit Treuhandkonstruktionen in Liechtenstein, habe gesetzeswidrig keine Bilanzen aufgestellt. Man hätte den kritischen Stimmen mehr Gehör verschaffen müssen, meinte er.

Kritische Stimmen in der Verwaltung hätte es schon 2020 gebraucht: Damals wurde zwischen der Signa-Gruppe und dem Land Berlin ein »Letter of Intent«, eine Absichtserklärung, unterzeichnet. Signa verpflichtete sich zu Investitionen, um die Warenhäuser zukunftsfähig zu machen, sowie zur Sicherung von Arbeitsplätzen. Der Senat versprach im Gegenzug die Aufstellung von den Wünschen Signas entsprechenden Bebauungsplänen für die Standorte Alexanderplatz, Hermannplatz und Kurfürstendamm. »Der Letter of Intent ist das Ergebnis von Erpressung«, meint in der Rückschau Susanna Kahlefeld, Sprecherin für Beteiligung der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus. Es sei Druck mit Arbeitsplätzen gemacht worden, um Baurecht zu erhalten.

»Hinterher sind alle schlauer«, meinte hingegen Bau- und Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (SPD). Die Arbeiten an den Bebauungsplänen seien eingestellt, nicht jedoch die Pläne. Denn was städtebaulich vereinbart wurde, gelte weiterhin für Berlin. Das bedeutet: Wenn sich ein neuer Investor findet, wird weiter gebaut wie geplant – Hochhäuser am Alexanderplatz und Kurfürstendamm, Restaurierung des Karstadt-Gebäudes am Hermannplatz nach historischem Vorbild.

»Der Senat ist erkennbar planlos«, meint Julian Schwarze (Grüne), Sprecher für Stadtentwicklung im Abgeordnetenhaus im Gespräch mit »nd«. »Man hofft einfach auf einen weißen Ritter, der einen rettet.« Die Situation jetzt gerade sei auch eine Chance, um mehr für die Stadt herauszuholen, ergänzt er. »Warum kann das Land Berlin nicht jetzt aktiv werden und versuchen, Vorstellungen der Stadt und nicht der Investoren zu stärken?«

»Klar ist, die Investorensuche birgt weiterhin die Gefahr, dass nur der nächste Immobilienverwerter kommt«, meint Katalin Gennburg, stadtpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus gegenüber »nd«. Man müsse anerkennen, dass das der falsche Weg gewesen sei. Deswegen brauche es einen Akteur, der nach sozialen Vorgaben den Warenhausbetrieb und nicht die Gebäudehülle im Blick habe.

Die Linke-Politikerin fordert daher einen kompletten Stopp der Bebauungspläne und die Kommunalisierung der Grundstücke und Warenhäuser in einer Hand, wie sie auch schon in anderen Städten geplant sei. Die Initiative Hermannplatz habe auch schon ein »Andershaus« genanntes Konzept für ein genossenschaftliches Warenhaus erarbeitet, das in der Fachwelt diskutiert werde. Berlin könne nicht »im Schlafwagen durch die Republik fahren«, während andere Städte vorangingen, so Gennburg.

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