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Slowakei: Nicht auf Linie
Wird die Slowakei für Brüssel zum Problem?
Robert Fico, Premier der Dreiparteienkoalition in Bratislava, zeigte sich sichtlich erleichtert über die Wahl Peter Pellegrinis am ersten Aprilsonntag zum neuen Staatspräsidenten der Slowakei. Der Chef seines Koalitionspartners Hlas-SD und amtierende Parlamentschef dürfte seiner EU- und Nato-skeptischen Politik nicht im Wege stehen. Fico machte nie ein Hehl aus seiner Meinung, weitere Waffenlieferungen an die Ukraine würden den Krieg nur verlängern und die Gefahr erhöhen, dass auch das eigene Land in den Konflikt hineingezogen wird.
Pellegrini bekundete zwar noch in der Nacht des Wahlsiegs seine Treue zur Bündnispolitik, doch bedingungslosen Gehorsam unter die Politik Washingtons und Brüssels schloss dies aus. Mit dieser Haltung treffen beide Politiker den Nerv viele Slowakinnen und Slowaken, denen schon eine erweiterte Stationierung von Nato-Waffen im Osten der Republik ein Dorn im Auge ist.
Ukraine Top-Thema in der Slowakei
Die Haltung zum Krieg Russlands in der Ukraine dürfte auch eines der bestimmenden Wahlthemen für den Urnengang am 8. Juni werden. Peter Pellegrini und die von ihm vertretene sozialdemokratisch ausgerichtete Hlas-SD konnten ein Gros der Wählerschaft dafür gewinnen, ihn in der Stichwahl gegen den EU-Anhänger und Atlantiker Ivan Korčok zum neuen Präsidenten zu wählen.
Es steht daher zu erwarten, dass – sofern sich das Wahlvolk überhaupt für die Wahlen zum Europäischen Parlament interessiert – dieser Trend anhält. Das Desinteresse ist nicht zufällig angesprochen: Die Wahlbeteiligungen in den vergangenen Legislaturperioden zeigten, dass die Slowaken ohnehin nicht viel aus Straßburg und Brüssel erwarten. Gerade einmal 22,25 Prozent der potenziellen Wähler gaben dabei zuletzt ihre Stimme ab. Dass sie nun wenige Wochen nach den zwei Runden der Präsidentenwahl nochmals zahlreich zu den Urnen gehen, ist eher unwahrscheinlich.
Im Juni wird in allen Mitgliedsländern der Europäischen Union über ein neues EU-Parlament abgestimmt. Dabei zeichnet sich ab, dass rechte Parteien an Einfluss gewinnen könnten. Was ist eine linke Antwort darauf? Und wie steht es um die Klimapolitik der EU? Welche Entwicklungen gibt es in Hinblick auf Sozialpolitik und was ist im Bereich der europäischen Asyl- und Migrationpolitik zu erwarten? Die anstehende Europawahl wird richtungsweisend. Auf unserer Themenseite fassen wir die Entwicklungen zusammen: dasnd.de/europawahl
Schwache Konkurrenz
Zwar treten 35 Parteien und Listen zur Europawahl an, doch ist zu den Hauptkräften Smer-SSD von Fico und der Hlas-SD von Pellegrini außer dem Wahlbündnis Progresivne Slovensko (PS) kaum eine ernstzunehmende Konkurrenz in Sicht. Spitzenkandidat von PS ist der von Präsidentin Zuzana Čaputová als Interimsregierungschef berufene Ľudovít Ódor. Der Finanzexperte zeichnete wesentlich für die Kriterien der Slowakei beim Beitritt zur Eurozone verantwortlich.
Der in Komárno geborene Politiker gehört zwar der ungarischen Minderheit an, doch ist er im Gegensatz zu vielen seiner ungarisch-slowakischen Landsleute ein überzeugter Europäer. Diese Haltung könnte PS Stimmen kosten. Die Analysen zu den Präsidentenwahlen zeigen, dass Pellegrini gerade auch mit den Stimmen der ungarischen Minderheit seinen Wahlsieg erreichte. Dazu beigetragen haben dürfte ein mitten im Wahlkampf gegebenes Interview mit dem ungarischen Staatsfernsehen, in dem Pellegrini seine Verbundenheit mit den Staaten der Visegrad-Gruppe (Polen, Slowakei, Tschechien und Ungarn) betonte.
Fico rechnet mit weniger Geld aus Brüssel
Aus dem bürgerlichen Lager dürfte ansonsten nur die ebenfalls EU-freundliche, liberaldemokratische SaS (Sloboda a Solidarita/Freiheit und Solidarität) von Richard Sulik die Chance haben, einen Deputierten nach Straßburg zu entsenden. Alle weiteren Parteien sind zerstritten und zu wenig koalitionsfähig, als dass sie tragfähige Bündnisse schmieden könnten. Das Desaster, das die Bürgerbewegung Olano mit dem Niedergang der Regierung Igor Matovič erleiden musste, dürfte sich bei der Wahl am 8. Juni niederschlagen.
Regierungschef Fico ist überzeugt, dass die Zustimmung zu den in Bratislava Regierenden sich auch in der Zahl der Mandate für Straßburg widerspiegelt. Dies dürfte zu Konflikten mit der EU führen. Ficos Kommentar dazu: »Die Präsidentenwahl ist vorüber, wir können zu den Realitäten übergehen: Wir müssen damit rechnen, aus Brüssel weniger Geld zu bekommen.«
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Kahlschlag droht
Offensichtlich denkt Fico an Reaktionen, die Viktor Orbáns Ungarn mit seinen Vetos machen musste. Seine Reaktion: In der Staatsbürokratie sollen 30 Prozent aller Kosten eingespart werden. Experten warnen jedoch vor einem radikalen Kahlschlag: Im Sicherheitsbereich, wie bei Polizei oder Feuerwehren, gebe es ohnehin schon zu wenig Personal.
Ob nach den Europawahlen überhaupt Sanktionen seitens der EU zu erwarten sind, wird vor allem von der Politik der amtierenden Koalition abhängen, dem Zusammenspiel zwischen dem Premier und dem im Juni sein Amt antretenden Präsidenten. Bislang gibt sich Pellegrini moderat und vermeidet eine Konfrontation mit Brüssel.
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