Xi Jinping in Paris: Einen Kopf größer als Macron

Peter Steiniger zum Staatsbesuch des chinesischen Präsidenten in Paris

Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping besucht nach fast fünf Jahren wieder im Rahmen einer Europareise Frankreich.
Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping besucht nach fast fünf Jahren wieder im Rahmen einer Europareise Frankreich.

In den großen globalen Fragen führt an der Volksrepublik China schon längst kein Weg mehr vorbei. Seit der Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit Frankreich vor 60 Jahren, die den offiziellen Anlass für den Besuch von Präsident Xi Jinping bei seinem Amtskollegen Emmanuel Macron bilden, haben sich die Gewichte deutlich verschoben. Damals lag das Reich der Mitte nach Maos »Großem Sprung nach vorn« am Boden. Nach einem beispiellosen Aufschwung, zunächst als Werkbank westlicher Konzerne, vertritt Chinas Staatschef heute die zweitgrößte Volkswirtschaft mit einer auch technologisch konkurrenzfähigen Industrie.

Ganz oben auf der Pariser Agenda stehen daher geschäftliche Zerwürfnisse: Die EU wirft China vor, den Export von Elektroautos unzulässig zu fördern, Peking konterte mit Dumpingvorwürfe gegen französische Unternehmen. Macron will gegenüber Xi in seiner Lieblingsrolle als Europas Klassensprecher auftreten. Da er nicht die Machtfülle des Staats- und Parteichefs hat, holt der Franzose EU-Kommissionschefin von der Leyen mit ins Boot. Und um zu demonstrieren, dass Berlin und Paris als EU-Schwergewichte an einem Strang ziehen, traf er vorab den deutschen Kanzler Scholz zum informellen Dinner. Alle Seiten sollten in Paris ein Interesse daran haben, dass die Konkurrenz im Kampf um Märkte und Investitionen nicht zu einem ausgewachsenen Handelskrieg wie dem zwischen China und den USA eskaliert, welche um ihren Platz an der Sonne fürchten. Deren geopolitischer Rivale ist schließlich gleichzeitig der wichtigste Handelspartner der EU.

Höchste Zeit für mehr Vernunft in Brüssel, Berlin und Paris wäre es auch mit Blick auf den Ukraine-Krieg als dem anderen Schwerpunkt der Xi-Visite. Chinas starker Mann knüpft dabei an Pekings intensive Pendeldiplomatie der vergangenen Monate an. Zwar lässt man sich dort vom Westen nicht die Sicht auf den Konflikt vorschreiben, hat aber ein eigenes Interesse an dessen Eindämmung und trotz der engen Beziehungen zu Russland alle Türen für eine vermittelnde Rolle offen gelassen. Macrons eskalierende Aussagen über eine mögliche Entsendung westlicher Bodentruppen in die Ukraine machen wenig Hoffnung, dass sich bei diesem Gipfel hinter den Türen des Élysée etwas bewegt hin zu einer politischen Lösung des für Europa hochgefährlichen geopolitischen Zusammenstoßes.

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