AfD-Politiker verurteilt

Geldstrafe wegen versuchten Angriffs auf Antifaschist*innen

  • Isaak Rose
  • Lesedauer: 3 Min.
Protest gegen die AfD-Wahlkampfveranstaltung in Marl.
Protest gegen die AfD-Wahlkampfveranstaltung in Marl.

Ramunas V., Politiker und Mitarbeiter der AfD-Fraktion im Landtag NRW, wurde in Marl wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung zu 60 Tagessätzen verurteilt. Bei einer AfD-Veranstaltung trat der Kampfsportler vergangenes Jahr eine Pylone mit voller Wucht in die Menge einer antifaschistischen Demonstration und verfehlte dabei nur knapp die dicht gedrängten Aktivist*innen.

Am 25. Mai 2024 fand im Rahmen der Europawahl im Eventzentrum Marl (NRW) eine ausgebuchte Wahlkampfveranstaltung mit mehreren Hundert AfD-Mitgliedern statt. Unter den Gästen waren auch Alice Weidel und Tino Chrupalla. Die Location diente in der Vergangenheit bereits mehrfach als Ausrichtungsort für die Landesparteitage der AfD NRW. Auf dem Weg in die Halle mussten die Teilnehmer*innen jedes Mal an Gegenprotesten vorbei, abgeschirmt durch Bauzäune und Hamburger Gitter.

Der Mitarbeiter der AfD-Landtagsfraktion, Ramunas V., lieferte sich eine hitzige Auseinandersetzung mit den Demonstrierenden. Aus Wut trat er mit dem Fuß eine Verkehrspylone in die Versammlung über den Zaun hinweg, an den Köpfen der Polizei vorbei. Sie verfehlte laut einer Zeugin nur knapp die dicht gedrängte Menschenmenge. Der Staatsschutz ermittelte daraufhin wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung. Nach § 224 des Strafgesetzbuchs handelt es sich immer dann um eine »gefährliche Körperverletzung«, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind, die über die einfache Körperverletzung hinausgehen. In diesem Fall, da waren sich Staatsanwaltschaft, Richterin und Verteidigerin einig, war die Pylone ein »gefährliches Werkzeug«. Die Strafandrohung ist dementsprechend höher.

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Zwar sah die Richterin den Straftatbestand als erfüllt an, wollte aber aufgrund des Geständnisses und einer vorherigen verbalen Auseinandersetzung, die sie als Provokation wertete, Milde walten lassen. Sie bot an, das Verfahren gegen eine Geldauflage von 600 Euro einzustellen. Es kam zu einer bizarren Situation: Anstelle einer von der Richterin bestimmten gemeinnützigen Einrichtung schlug der Angeklagte vor, das Geld an einen »Sportverein« in seiner Heimatstadt Dorsten zu spenden. Dort würden auch Kinder trainieren. Die Richterin zeigte sich einverstanden. Tatsächlich handelt es sich dabei um das Kampfsportstudio »Sparta Gym«, in dem er selbst trainiert und in der Vergangenheit als Assistent des Vorstandes aufgetreten ist. Der Inhaber des Studios ist der AfD-Landtagsabgeordnete und mutmaßliche Chef des Angeklagten Daniel Zerbin.

Die Staatsanwaltschaft verhinderte die Einstellung des Verfahrens – und damit die Zahlung an das Kampfsportstudio eines rechten Abgeordneten. Für eine Verfahrenseinstellung müssen Angeklagte, Staatsanwaltschaft und Richter*in zustimmen. Dennoch blieb die Richterin in ihrem Urteil weit unter der Forderung der Staatsanwaltschaft. Die forderte 120 Tagessätze. Die Verteidigerin hingegen wollte einen Freispruch erwirken, weil der Vorsatz fehlen würde. Dem widersprach die Richterin und urteilte mit 60 Tagessätzen zu je 30 Euro. Berufung wurde noch am Urteilstag eingelegt. Da der AfD-Politiker bereits in einer anderen Sache wegen Betrugs verurteilt wurde, gilt er mit Rechtskraft des Urteils als vorbestraft. Zudem erwartet ihn ein weiteres Verfahren in seiner Heimatstadt wegen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis. Er soll ohne Erlaubnis einen Krankenwagen gefahren haben, um ihn aus dem Weg zu räumen.

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