Regierungserklärung von Merz: Ein Kanzler für die Welt

Friedrich Merz hob in seiner Regierungserklärung seine außenpolitischen Aktivitäten hervor

Merz profiliert sich erst mal als Außenpolitiker: Am 9. Mai traf er sich in einem Zug in Richtung Ukraine mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Großbritanniens Premier Keir Starmer.
Merz profiliert sich erst mal als Außenpolitiker: Am 9. Mai traf er sich in einem Zug in Richtung Ukraine mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Großbritanniens Premier Keir Starmer.

In den ersten Tagen seiner Amtszeit ist Friedrich Merz schon weit herumgekommen. Seine Besuche in Kiew, Frankreich und Polen hob der neue Bundeskanzler in seiner ersten Regierungserklärung am Mittwoch ausführlich hervor. »Ich bin an meinem ersten vollen Amtstag gleich nach Paris und nach Warschau gereist«, lobte er sich selbst. Mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron habe er »einen umfassenden Neustart der deutsch-französischen Beziehungen vereinbart«, so Merz, der damit suggerierte, die Vorgängerregierung habe diese vernachlässigt. Eine »ebenso große Rolle in unserer Politik« wie Frankreich werde indes Polen als »unser großer Nachbar im Osten« einnehmen, versprach Merz.

Er stellte er die »Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit« der Bundesrepublik mit ihrer exportorientierten Wirtschaft in den Mittelpunkt seiner Ausführungen. Die will er mit indirekten und direkten Subventionen, die die FDP, aber auch seine CDU in der vergangenen Legislatur noch strikt abgelehnt hatten, fördern. Besonders die Senkung der Strompreise für die Wirtschaft und die »Turboabschreibung«, mit der Unternehmen nach Investitionen in moderne Technologie ihre Steuerlast minimieren können, soll schnell kommen, versprach der CDU-Vorsitzende.

Schon im Sommer sollten Betriebe und Bürger »spüren: Hier verändert sich langsam etwas zum Besseren, es geht voran«. Gegenwärtig plage sich das Land noch mit »erdrückender Bürokratie, maroder Infrastruktur, einer teuren Energieversorgung und vergleichsweise hohen Steuern und Abgaben«. Dies müsse sich ändern, damit Deutschland wieder »zu einer Wachstumslokomotive« werde. Man werde eine zentrale digitale Anlaufstelle für Firmen einrichten und Unternehmensgründungen so vereinfachen, dass sie binnen 24 Stunden ermöglicht würden, so der Kanzler.

Weil jede vierte Stelle in Deutschland »direkt oder indirekt vom Außenhandel« abhänge, wolle die schwarz-rote Koalition die EU dabei unterstützen, »so viele Handelsabkommen wie möglich abzuschließen«. Insbesondere wolle man die Ratifizierung des EU-Mercosur-Abkommens mit Staaten in Lateinamerika vorantreiben. Auch China werde ein »wichtiger Partner bleiben«, sagte Merz. Gleichwohl werde man der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt gegenüber »selbstbewusst für die Vereinbarung industrie- und handelspolitischer Regeln eintreten«, kündigte er an. Und man werde den Abbau von wirtschaftlicher Abhängigkeit von China, das sogenannte De-Risking, weiter vorantreiben.

»Wir müssen unsere Verteidigungsfähigkeit und -bereitschaft beständig weiter ausbauen. Wir wollen uns verteidigen können, damit wir uns nicht verteidigen müssen.«

Friedrich Merz Bundeskanzler

Mit Blick auf das Militärische betonte Merz klar, er wolle die Bundeswehr »konventionell zur stärksten Armee Europas« machen. »Wir müssen uns verteidigen können, damit wir uns nicht verteidigen müssen.« Die Stärkung der Bundeswehr stehe deshalb für seine Regierung »an erster Stelle«. Schon vor der Regierungsbildung hatten Union und SPD dazu gemeinsam mit den Grünen die Schuldenbremse im Grundgesetz für Verteidigungsausgaben gelockert, was AfD-Fraktionschefin Alice Weidel nach der Kanzlerrede als »finanzpolitischen Staatsstreich« bezeichnete.

Mit Blick auf den Umgang mit dem Ukraine-Konflikt würdigte Merz seinen Vorgänger Olaf Scholz. Die Reaktion des SPD-Politikers auf den russischen Angriffskrieg sei »wegweisend« und »historisch« gewesen. Der neue Kanzler sicherte der Ukraine weitere Solidarität im Abwehrkampf gegen Russland zu. Er betonte: »Wir wünschen uns einen gerechten, tragfähigen Frieden, lieber heute als morgen.« Man werde die Ukraine deshalb weiter »kraftvoll« militärisch unterstützen, aber ohne dabei Kriegspartei zu werden. Man arbeite zudem »hart daran«, dass die Haltung, dass es keinen »Diktatfrieden« auf Kosten der Ukraine geben dürfe, »auch von unseren amerikanischen Partnern vertreten wird«.

Deutschland selbst müsse seine »Verteidigungsfähigkeit und -bereitschaft beständig weiter ausbauen«, so Merz. »Wir wollen uns verteidigen können, damit wir uns nicht verteidigen müssen. Wir nennen diesen Grundsatz seit Jahrzehnten Abschreckung.« Deutschland werde seine Verpflichtungen auch gegenüber der Nato »im eigenen Interesse und im Interesse dieses großartigen nordatlantischen Bündnisses« erfüllen.

Israel sicherte Merz erneut »unverbrüchliche« Solidarität und Freundschaft zu. Er zeigte sich lediglich besorgt über »eine akute Hungersnot«, die im Gazastreifen drohen könne. Zu der internationalen Kritik am israelischen Vorgehen im Gazastreifen sowie an der Blockade humanitärer Hilfslieferungen für dessen Bevölkerung äußerte sich der Bundeskanzler in seiner Rede nicht. Zugleich sagte er dem »unerträglichen Antisemitismus« in Deutschland den Kampf an, wobei er offenkundig Proteste gegen Israels Vorgehen in Gaza meinte.

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