Tucholsky bei Heartfield

Veranstaltung zu Antikriegsbuch der beiden Künstler in Waldsieversdorf

Konzerte und Lesungen, die in den Sommermonaten am Heartfield-Haus in Waldsieversdorf stattfinden, erfreuen sich wie hier im Juli 2024 großer Beliebtheit.
Konzerte und Lesungen, die in den Sommermonaten am Heartfield-Haus in Waldsieversdorf stattfinden, erfreuen sich wie hier im Juli 2024 großer Beliebtheit.

Es wäre eher verwunderlich gewesen, wenn Kurt Tucholsky und John Heartfield nicht zusammengefunden hätten. Beide waren Antimilitaristen, beide warnten in der Weimarer Republik vor der heraufziehenden faschistischen Gefahr. Und so veröffentlichten sie 1929 den Band »Deutschland, Deutschland über alles«. Illustriert sind Tucholskys Satiren und Glossen darin mit eindrücklichen Fotomontagen Heartfields. Der Titel ist meisterhaft in Szene gesetzt: In schwarz-rot-goldener Frakturschrift quellen die Worte aus einem zerhackt wirkenden Kopf mit Zylinder und Schnurrbart, der an Heinrich Manns »Untertan« erinnert.

An Heartfields Bungalow in Waldsieversdorf, eine Autostunde östlich vom Berliner Alexanderplatz gelegen, wird am Samstagnachmittag die Besuchersaison mit einer Lesung aus ebenjenem Buch eröffnet, musikalisch begleitet von dem Sänger Karsten Troyke und dem Violinisten Daniel Weltlinger. Die Schauspielerin Walfriede Schmitt wird Texte aus dem Buch vortragen.

Das Häuschen ist auch unabhängig von Veranstaltungen einen Ausflug wert. Eine Dauerausstellung zeigt Heartfields so unermüdliche wie einfallsreiche Arbeit gegen Faschisierung und Kriege, die in diesen Tagen aktueller kaum sein könnte. In Büchern kann geblättert werden, auch die Arbeit des Malik-Verlages wird beleuchtet. Den betrieben Heartfield und sein Bruder, der Schriftsteller Wieland Herzfelde, in der Weimarer Republik mit großem Erfolg. Und machten die Werke linker und sozialistischer Autoren aus aller Welt zugänglich.

Dass der in Leipzig lebende Heartfield überhaupt nach Waldsieversdorf kam, ist maßgeblich Bertolt Brecht zu verdanken. Der Dichter bewohnte nebenan in Buckow ein großes Haus am Schermützelsee. Er bemühte sich, den Freund hierherzulocken. Der war tatsächlich angetan. 1956 konnte Heartfield ein Grundstück pachten. Er kaufte einen Teil einer einstigen Sanitätsbaracke und ließ sie dort, am Großen Däbersee, 1957 wieder aufbauen.

Dass die Blockhütte als Museum zugänglich ist, verdankt sich dem Engagement der Gemeinde Waldsieversdorf und von Bewohnern. Die Gemeinde konnte das Grundstück 2003 nach langwieriger Klärung der Eigentumsverhältnisse erwerben. Im selben Jahr gründete sich der Verein, dessen Mitglieder sich aktiv an der Sanierung beteiligten. Die war 2010 abgeschlossen. Für Besucher ist das Haus von Mai bis September an den Wochenenden geöffnet.

Lesung »Tucholsky und Heartfield«, 24. Mai, 15 Uhr, am Heartfield-Haus, Schwarzer Weg 12, Waldsieversdorf. Mehr Informationen über Heartfield, das Haus, seine Geschichte und den Freundeskreis: www.heartfield.de

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