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Harvard-Präsident Alan Garber wird zum Gesicht des Widerstands
Die US-Regierung will der Eliteuniversität Harvard verbieten, ausländische Studenten aufzunehmen. Damit startet der nächste Rechtsstreit
Schon mehrere Wochen, bevor die US-Regierung Trump der Eliteuniversität Harvard am Donnerstag verbot, neue ausländische Studenten aufzunehmen, war Alan Garber längst zum Gesicht des Widerstands der akademischen Community gegen Trump aufgestiegen. Der 70-Jährige hatte im April veranlasst, einen grotesk ausufernden Forderungskatalog zu veröffentlichen, und damit für alle sichtbar gemacht, wie tief Donald Trump und seine Lakaien in die Bildungsfreiheit der als von links unterwandert diffamierten Universitäten reicht. Die Regierung hatte gefordert, Einfluss auf Einstellungen von Lehrkräften an der privaten Hochschule zu bekommen, sie wollte die Zulassung von Studenten verhindern dürfen, und natürlich wollte sie auch den Lehrplan in ihrem Sinn beeinflussen. Alles unter dem Deckmantel der Bekämpfung von Antisemitismus, gegen den Harvard und andere Unis zu wenig unternehmen würden.
Garber, selbst Jude und eigenen Angaben zufolge in Harvard auch schon Opfer antisemitischer Anfeindungen, leugnet nicht, dass es jüdischen wie auch muslimischen Studenten immer schwerer falle, ohne Angst vor Repressionen von Kommilitonen öffentlich ihre Identitäten zu zeigen oder sich politisch zu äußern. Der Hochschulpräsident veröffentlichte sogar zwei unabhängig voneinander durchgeführte Untersuchungen dazu und entschuldigte sich bei den Studenten. »Die von der Regierung angesprochenen Probleme sind real, aber die vorgeschlagenen Mittel, sie anzugehen, waren einfach nur verwerflich«, begründete Garber seine Entscheidung, im Gegensatz zur Columbia University die Regierungsforderungen abzulehnen.
Trump reagierte umgehend und strich Harvard zuletzt etwa drei Milliarden Dollar an Fördergeld. Garber wehrte sich mit einer Klage dagegen. Erste Anhörungen starten jedoch nicht vor Mitte Juli. Schon jetzt wurde daher ein Einstellungsstopp verhängt. Vergangene Woche erhielten zudem Hunderte Harvard-Forscher Kündigungen für staatlich finanzierte Forschungsprojekte. In typischer Trump-Manier traf es dabei mal wieder Unschuldige am härtesten. So wurde bei den Abteilungen für Medizin und öffentlichen Gesundheitsschutz am meisten gekürzt. »Steuerzahler schicken keine Blankoschecks an Harvard – sie bezahlen unsere Wissenschaftler dafür, Wege zu finden, Alzheimerrisiken zu senken, die Ausbreitung von Krebszellen zu verhindern oder das Altern zu verlangsamen«, versuchte sich Harvard an einer Einordnung. Ein gezielter Kampf gegen Antisemitismus war bei den Kürzungen jedenfalls nicht erkennbar.
Die neueste Umdrehung beim Anziehen der Daumenschrauben seitens der Regierung folgte erneut einer Weigerung von Harvard: Heimatschutzministerin Kristi Noem hatte von der Hochschule in Cambridge, Massachusetts, verlangt, Informationen über ausländische Studentenvisa-Inhaber herauszugeben, einschließlich aller Video- und Audioaufnahmen von Protestaktivitäten. Ein eindeutiger Verstoß gegen Persönlichkeitsrechte sowie die Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Garber machte wieder nicht mit, und Noem beschloss, Harvard die Erlaubnis zu entziehen, ab Herbst neue ausländische Studenten zuzulassen. Die Begründung: Harvard fördere Gewalt und Antisemitismus und arbeite zudem mit Chinas Kommunistischer Partei zusammen. Studenten aus China machen längst den größten Anteil an Ausländern in Harvard aus, die als Gesamtgruppe mittlerweile gut 27 Prozent aller Immatrikulierten umfassen.
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Sie alle sollen sich nun neue Universitäten suchen oder ihren Aufenthaltsstatus verlieren, drohte Noem. Dabei blockte ein Bundesrichter in Kalifornien am selben Tag alle Anstrengungen der Trump-Regierung, internationalen Studierenden ohne gerichtliche Überprüfung im Einzelfall den Aufenthaltsstatus zu entziehen. Und so überraschte es niemanden, dass Harvard am Freitagmorgen mit einer neuen Klage auf die letzte Eskalation reagierte. Trump ist das egal. Er spielt einerseits das Theater des hart durchgreifenden Autokraten für seine Wähler, und hofft andererseits, dass genügend Ausländer »freiwillig« ihrer Vertreibung zuvorkommen, damit das selbst postulierte Ziel von einer Million Abschiebungen irgendwie erreicht wird.
Alan Garber hat inmitten der Kürzungswelle angekündigt, sein eigenes Salär im kommenden Jahr um ein Viertel zu senken. Es wird ihn nicht schmerzen, schließlich wird kolportiert, dass Harvard-Präsidenten siebenstellig verdienen. Dennoch ist es ein symbolischer Akt, der ihn erneut in starken Kontrast zu Donald Trump stellt, dem fast täglich etwas Neues einfällt, wie er sich an seiner Präsidentschaft persönlich bereichern kann.
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