Keine Kellen mehr im Keller

Karl Lauterbach darf nicht mehr im Gesundheitsministerium seinem Hobby nachgehen. Welch Ungerechtigkeit!

Lasst dem armen Mann doch sein Hobby!
Lasst dem armen Mann doch sein Hobby!

Es ist eine Nachricht, die irritiert: Karl Lauterbach darf nicht mehr in einem leerstehenden Kellerraum des Gesundheitsministeriums Tischtennis spielen. Die Anweisung kam wohl von ganz oben. Die neue Gesundheitsministerin Nina Warken, schätzt es offenbar nicht, wenn sich deutsche Männer in ihrer Freizeit fit halten.

Dabei hatte man sich im Ministerium an Lauterbachs Hobby gewöhnt. Wenn abends Überstunden geschoben wurden, halfen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Geräusche, die aus dem Keller durchs Gebäude drangen: das wohlklingende »Ping« und »Pong« und die nasal vorgetragenen Flüche, die Lauterbach ausstieß, wenn er seinen angeschnibbelten Rückhand-Flip ins Netz setzte.

Auch für die Personenschützer war es angenehm, als Lauterbach im Kellerchen spielte. Geht er jetzt zu einer öffentlichen Berliner Tischtennis-Platte auf einem Kinderspielplatz, müssen sie ein Auge darauf haben, dass nicht gerade eine Querdenker-Demo vorbeizieht oder Lauterbach in eine achtlos weggeworfene Heroinspritze tritt.

Andreas Koristka
Autorenfoto von Andreas Koristka am Donnerstag, den 10. Oktober ...

Andreas Koristka ist Redakteur der Satirezeitschrift »Eulenspiegel«. Für »nd.DieWoche« schreibt er alle zwei Wochen die Kolumne »Betreutes Lesen«. Alle Texte unter dasnd.de/koristka.

Natürlich hat der ehemalige Gesundheitsminister bereits versucht, sich einen eigenen Kellerraum anzumieten. Bislang leider erfolglos, denn die Lage auf dem Immobilienmarkt ist angespannt wie nie. Viele Hauptstädter träumen schließlich von einem Keller für ihr eigenes Hobby. Doch wer das will, muss dafür in Kauf nehmen, weit an den Stadtrand zu gehen. In Spandau und Hohenschönhausen hat man vielleicht noch das Glück, einen Keller mieten zu können, der groß genug ist, eine Tischtennisplatte, ein Rudergerät oder ein Falabella-Pony zu beherbergen.

Wenn aber Lauterbach aus der Berliner Innenstadt zu einem kurzen Training reisen müsste, kämen für Hin- und Rückweg gut und gerne 40 Kilometer zusammen. Das ist fast so viel wie der durchschnittliche Weg eines Uckermärkers zur nächsten Rettungsstelle. Einem viel beschäftigten Mann wie Karl Lauterbach kann man so etwas natürlich nicht zumuten.

Es drängt sich die Frage auf, warum ausgerechnet dem Rheinländer eine Kleinigkeit wie das Aufstellen einer Tischtennisplatte in einem Regierungsgebäude verwehrt wurde. Andere ehemalige Minister scheinen das Problem nicht zu haben. Peter Altmaier zum Beispiel darf bis zum heutigen Tag in einem Abstellraum des Wirtschaftsministeriums seinen selbstgemachten Räucherschinken abhängen. Julia Klöckner wurde es gestattet im Heizungskeller des Landwirtschaftsministeriums ihre Knigge-Ratgeber über angemessene Kleidung während Parlamentssitzungen zu lagern und Christine Lamprechts Sohn wird immer mal wieder in den Kofferraum eines Bundeswehr-Hubschraubers gesperrt, wenn er unartig war.

Karl Lauterbach hat seine Kellertischtennisplatte dem Gesundheitsministerium nun geschenkt. Damit machte er nicht nur den Beamten vor Ort ein schönes Geschenk, er spart auch etwaige Entsorgungskosten. Bleibt zu hoffen, dass Lauterbach eines fernen Tages irgendeinen Ort findet, an dem er ungestört Tischtennis spielen darf. Wer ihm dafür ein Plätzchen im Keller, in einer Garage oder einer Wohnküche anbieten kann, möge sich gerne bei ihm melden.

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