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»Ablenkungsmanöver«: Kritik an Rahmengesetz zu Vergesellschaftung

Der Berliner Senat will bis Jahresende ein Vergesell­schaftungs­rahmen­gesetz vorlegen

Nach dem erfolgreichen Volksentscheid von »Deutsche Wohnen & Co enteignen« hat sich von Senatsseite wenig getan.
Nach dem erfolgreichen Volksentscheid von »Deutsche Wohnen & Co enteignen« hat sich von Senatsseite wenig getan.

Die Initiative »Deutsche Wohnen & Co enteignen« (DWE) hat die Pläne des schwarz-roten Senats für ein Vergesellschaftungsrahmengesetz kritisiert. »Dieses Gesetzesvorhaben ist ein reines Ablenkungsmanöver«, bemängelt die Initiative in einer Mitteilung. Von einem Rahmengesetz werde keine einzige Wohnung vergesellschaftet und somit auch keine einzige Miete günstiger. »Währenddessen verschlechtert sich die Lage für Mieter*innen in Berlin jeden Tag. Das ist politisches Versagen«, sagte die Sprecherin der Initiative, Lara Eckstein.

Von den Regierungsparteien kamen unterschiedliche Aussagen zum geplanten Gesetz. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Dirk Stettner erklärte in der RBB-»Abendschau« am Sonntag: »Wir wollen ja niemanden enteignen, und wir werden auch niemanden enteignen.« Ein starker Staat solle aber prüfen können, ob er »als letztes Mittel« eingreifen könne. Der SPD-Fraktionschef im Abgeordnetenhaus Raed Saleh hingegen sagte in der »Abendschau«, das Vergesellschaftungsrahmengesetz gebe dem Land die Möglichkeit »einzugreifen, wenn etwas schiefläuft«. Bei Fehlentwicklungen etwa in den Bereichen Energie und Wohnen müsse der Senat nicht mehr nur zuschauen.

»Es scheint, als müssten CDU und SPD erst mal ein gemeinsames Verständnis von Vergesellschaftung entwickeln«, kommentiert DWE-Sprecherin Eckstein. Darauf könne man aber nicht mehr warten. »Unsere Mieten sind jetzt schon viel zu hoch. Wir schreiben deshalb das bundesweit erste echte Vergesellschaftungsgesetz. Damit holen wir uns die Wohnungen von den großen Immobilienkonzernen zurück und stellen sicher, dass Berlin unser Zuhause bleibt.«

Die Initiative erarbeitet aktuell ein Gesetz, um dieses im Rahmen eines Gesetzesvolksentscheids zur Wahl zu stellen. Im Falle eines Erfolgs würde es bindend für die Landesregierung.

Am Wochenende hatte die Regierungskoalition angekündigt, noch bis Ende des Jahres ein Vergesellschaftungsrahmengesetz vorzulegen. Es ist eine Reaktion auf den erfolgreichen Volksentscheid von 2021 zur Enteignung großer Wohnungskonzerne. Damals hatten gut 59 Prozent der Wähler*innen für die Vergesellschaftung von Immobilienunternehmen mit mehr als 3000 Wohnungen in Berlin gestimmt.

Beide Parteien hatten sich im Koalitionsvertrag auf ein Gesetz verständigt. Es soll spätestens Mitte Dezember im Plenum des Landesparlaments beraten werden, wie CDU-Fraktionschef Dirk Stettner und der SPD-Fraktionsvorsitzende Raed Saleh erläuterten. Die beiden Koalitionspartner hatten sich bei einer gemeinsamen Klausur der Fraktionsvorstände darauf geeinigt. Für den Gesetzesentwurf sollen das von der Finanzverwaltung in Auftrag gegebene Gutachten und der bereits lange vorliegende Bericht der Expertenkommission zur Vergesellschaftung berücksichtigt werden.

Das Gesetz soll »Indikatoren und Definitionen für Vergesellschaftungen in den Geschäftsfeldern der Daseinsvorsorge« beinhalten, etwa in den Bereichen Wasser, Energie und Wohnen, sowie Grundsätze der erforderlichen angemessenen Entschädigung.

Der Fraktionsvorsitzende der Linken im Abgeordnetenhaus Tobias Schulze nannte das geplante Rahmengesetz ein »zeitraubendes Placebo«. »Wir brauchen keine Übung im Trockenschwimmen, sondern den beherzten Sprung ins wilde Wasser der Vergesellschaftung von Wohnraum.« Die Sprecherin für Wohnen der Grünen-Fraktion, Katrin Schmidberger, sagte, das Rahmengesetz bleibe ein »Papiertiger«, »wirkungslos gegen die Wohnungsnot in dieser Stadt«. Mit dpa

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