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Politische Jugendbildung in Brandenburg, ganz ohne Leistungsdruck

In Werftpfuhl werden 50 Jahre Jugendbildungsstätte »Kurt Löwenstein« gefeiert

  • Ralf Fischer
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Bildungsstätte im brandenburgischen Werftpfuhl bei Werneuchen
Die Bildungsstätte im brandenburgischen Werftpfuhl bei Werneuchen

Die Jugendbildungsstätte »Kurt Löwenstein« im brandenburgischen Werftpfuhl hat eine lange Tradition. Einst gegründet in Berlin-Spandau hatte sich der sozialistische Jugendverband »Die Falken« die Aufgabe gestellt, jugendliche Arbeiter in Seminaren zu schulen. Insbesondere für Hauptschüler, Lehrlinge oder junge Erwerbslose war dies eine Möglichkeit, sich in politischen Belangen weiterzubilden. In enger Zusammenarbeit mit Schulen und Jugendprojekten wurden seit 1975 Konzepte antirassistischer und geschlechtsspezifischer Bildung sowie die Gemeinwesenarbeit erprobt und weiterentwickelt.

»Wir arbeiten mit Grundschulklassen ebenso wie mit Oberschul- oder Berufsschulgruppen«, sagt Geschäftsführerin Christine Reich über die Bildungsstätte. Themen wie Mitbestimmung und Kinderrechte werden mit den jüngeren Jahrgängen thematisiert, während sich ältere Semester mit klassischen Rollenbildern und alternativen Perspektiven auf die Berufswelt auseinandersetzen.

Seit ihrer Gründung in Westberlin steht die Einrichtung laut Reich »für eine konsequent demokratische, emanzipatorische und inklusive Bildungsarbeit mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen«. Zentraler Bestandteil der Bildungsarbeit sei von Beginn an die internationale Vernetzung gewesen. So waren in den 90er Jahren die Aktivitäten stark vom damaligen Jugoslawienkrieg geprägt. Ein besonderes Anliegen sind der Bildungsstätte seit vielen Jahren deutsch-israelische und deutsch-polnische Austauschseminare. Seit dem Beginn des Ukraine-Kriegs sind verstärkt geflüchtete Ukrainer zu Gast. Schon seit 25 Jahren gibt es das Veranstaltungswochenende »Rosa & Karl« im Januar, zu Ostern das internationale Seminar »Queer Easter«.

Die Jugendbildungsstätte nutzt seit ihrem Umzug nach Brandenburg 1997 ein denkmalgeschütztes altes Waisenhaus. Seitdem sind hier laut Reich »nicht nur internationale Kontakte, sondern auch Freundschaften fürs Leben« entstanden. Viele Menschen fühlen sich dem Haus weiter eng verbunden und engagieren sich als Team- oder Seminarleiter. Jährlich nehmen zwischen 3000 und 5000 Gäste an den Bildungsveranstaltungen in Werftpfuhl teil. Themen wie Kinderarmut und Menschenrechte werden hier diskutiert.

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Ziel ist es Reich zufolge, allen die Vision einer »weltoffenen Zukunft« zu vermitteln, einer Zukunft ohne Hass und Ausgrenzung. Gelernt wird ohne Leistungsdruck, und ohne dass sich das vermittelte Wissen der kapitalistischen Verwertungslogik unterwirft. Die Bildungsarbeit soll einzig und allein bei der Persönlichkeitsentwicklung behilflich sein. »Politische Bildung dient nicht der Etablierung einer Ellenbogen- und Sündenbockgesellschaft«, stellt Reich klar.

Ende Juni feiert die Bildungsstätte ihr 50-jähriges Bestehen. Als Redner ist Brandenburgs Bildungsminister Steffen Freiberg (SPD) angekündigt. Gefeiert wird auch der 140. Geburtstag von Namensgeber Kurt Löwenstein. Der Sozialdemokrat war Volksbildungsstadtrat in Berlin-Neukölln, kämpfte in den 1920er Jahren für eine Schulreform und weitete die Schulspeisung aus. Als die SA 1933 seine Wohnung verwüstete, ging Löwenstein ins Exil. Er starb im Mai 1939 und wurde in Paris beigesetzt.

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