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Film »Der Salzpfad«: Mit den Elementen

In ihrem Regiedebüt »Der Salzpfad« schickt Marianne Elliott frei nach Raynor Winns gleichnamigem Roman ein Ehepaar auf eine lebensverändernde Reise

  • Susanne Gietl
  • Lesedauer: 4 Min.
Zwischen den beiden Hauptdarsteller*innen passte es, sagt Anderson.
Zwischen den beiden Hauptdarsteller*innen passte es, sagt Anderson.

Mehr als tausend Kilometer sind Raynor und Moth Winn auf den malerischen Pfaden der Südwestküste Englands gewandert, um ihren Problemen zu entfliehen. Ihr Haus wurde gepfändet. Von jetzt auf gleich waren sie obdachlos. Mit Raynor Winns Roman »Der Salzpfad« hat sich Regisseurin Marianne Elliott einen beliebten Stoff ausgesucht, der laut Autorin Raynor Winn auf ihrer Lebensgeschichte beruht. Mittlerweile wurden Zweifel an der Echtheit des Stoffes laut, jetzt kommt die Verfilmung des Erfolgsromans mit Gillian Anderson in der Hauptrolle im Kino.

Raynor (Gillian Anderson) und Moth Winn (Jason Isaacs) beginnen ihre Reise in der Küstenstadt Minehead an der Nordküste Somersets mit einem Wanderbuch, einem kleinen Zelt und ein paar Habseligkeiten. Noch schnell macht Raynor ein Selfie mit ihrem Mann und dem Meer im Hintergrund. Dann geht’s los. Sie campen wild bei Wind und Wetter, erschwerend kommt hinzu, dass Moth unter der schweren Nervenkrankheit CBD (Kortikobasale Degeneration) leidet. Heilungschancen gibt es keine. In der Rückblende erfährt man von Moths Diagnose im Krankenhaus. Andere Rückblenden erklären, wie Raynor und Moth vor Gericht alles verloren haben und wie sie den Entschluss fassten, den Salzpfad zu gehen. Mit all seinen Höhen und Tiefen.

Wer trägt schon bei existenziellen Problemen die Versicherungsnummer der Hausratversicherung mit sich herum?

Raynor und Moth verstehen sich fast ohne Worte. Man spürt die gute Chemie zwischen Schauspielerin Gillian Anderson und Jason Isaacs. Beim diesjährigen Filmfest München, wo sie für ihre herausragenden Verdienste für die Filmkunst mit dem Cine-Merit-Award ausgezeichnet wurde, bezog sich Anderson auf die gute Zusammenarbeit mit ihrem Schauspielpartner: »Mit Jason passte es einfach. Auf dem Papier wie auch auf der Leinwand. Deshalb hatte ich nicht das Gefühl, dass wir uns groß anstrengen mussten, um den Eindruck zu erwecken, dass wir ein gemeinsames Leben geführt haben.«

Außerdem beschrieb Gillian Anderson, wie sie gemeinsam mit Jason Isaacs und Regisseurin Marianne Elliott zu Raynor und Moth Winn in Cornwall reiste, wo sie viele Stationen ihrer Wanderung inspizieren konnten und Tipps bekamen, wie man ein Zelt auch unter widrigen Bedingungen aufbaut.

Im Film entdeckt das Ehepaar eine neue Freiheit in der Natur. »Die Menschen kämpfen gegen die Elemente an,« bemerkt eine Passantin. »Aber wenn es sie berührt hat, wenn sie’s zulassen, sind sie nicht mehr derselbe Mensch.« Sie zelebrieren perfekt von der Natur gesalzene Brombeeren, wie auch um ihr Zelt hoppelnde Kaninchen oder einen Greifvogel am Himmel. Naturkitsch pur, denn die Regisseurin setzt bei malerischen Landschaften auf Streichinstrumente, außerdem integriert Komponist Chris Roe gerne Naturgeräusche. Begegnungen mit anderen Wandernden verlaufen leider oberflächlich. Schön hingegen wird aufgezeigt, wie bürokratische Prozesse einfach weiterlaufen. Wer trägt schon bei existenziellen Problemen die Versicherungsnummer der Hausratversicherung mit sich herum?

Für Anderson war »Der Salzpfad« ein Herzensprojekt. Deshalb sei sie für dieses Projekt dankbar, »welches das Publikum möglicherweise dazu bewegt, anders zu denken, sich anders zu verhalten, mitfühlender zu sein und mehr Fragen über den Zustand der Welt, unserer Politik, unserer Regierungen und unsere Beziehungen zu anderen Menschen zu stellen.«

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»Der Salzpfad« bezieht sich auf Raynor Winns gleichnamigen, international gefeierten Bestseller. Weltweit wurde der Roman in über 25 Sprachen übersetzt. Es folgten Winns Romane »Wilde Stille« (2022) und »Überland« (2023). Nach einer Kontroverse gab der Penguin-Verlag bekannt, dass Winns neues Buch »On Winter Hill« erst im Herbst 2026 veröffentlicht werden soll. Auslöser war ein Artikel in der britischen Zeitung »The Observer«, der sich darauf bezieht, dass Raynor Winn ihre Geschichte in »Der Salzpfad« nicht lebensgetreu erzähle. Im Artikel ist von hohen Schuldensummen und Betrugsmaschen die Rede sowie einem Haus in Frankreich (laut Raynor Winn eine Ruine). Die Autorin des Artikels wirft dem Ehepaar Selbstinszenierung vor.

Auf ihrer Webseite nimmt Raynor Winn dazu Stellung, veröffentlicht mit Genehmigung ihres Mannes und des behandelnden Arztes Originaldokumente der Diagnose, erklärt aber auch, dass sie im Buch nicht alles eins zu eins beschreiben konnte: »Es geht nicht um jedes Ereignis oder jeden Moment in unserem Leben, sondern vielmehr um einen Zeitabschnitt, in dem sich unser Leben von völliger Verzweiflung zu Hoffnung gewandelt hat. Die Reise, die in diesen Seiten beschrieben wird, ist geprägt von Salz und Wetter, von Schmerz und Möglichkeiten.« Das spürt man auch im Film.

»Der Salzpfad«: Großbritannien 2024. Regie: Marianne Elliott. Mit: Gillian Anderson, Jason Isaacs, James Lance. 115 Minuten, Start: 17. Juli.

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