Im Osten kauft es sich billiger

Der Kauf eigenen Wohnraums wird erschwinglicher – allerdings nur für eine bestimmte Bevölkerungsgruppe.

Ein Einfamilienhaus steht in Sachsen-Anhalt zum Verkauf.
Ein Einfamilienhaus steht in Sachsen-Anhalt zum Verkauf.

Zurzeit liegt der sogenannte Erschwinglichkeits-Index für Wohneigentum des Deutschen Instituts für Wirtschaft (IW) und des privaten Baufinanzierers Interhyp knapp über dem Durchschnitt. »Der Traum von den eigenen vier Wänden ist in den vergangenen zwei Jahren wieder deutlich greifbarer geworden«, urteilt Jörg Utecht, Vorstandsvorsitzender der Interhyp-Gruppe, in einer Pressemitteilung. Seit 2022 sei der Erwerb von Eigenheimen in den betrachteten Modellhaushalten demnach »deutlich einfacher geworden«. Hauptgründe seien die zuletzt leicht gesunkenen Zinsen, Einkommenszuwächse und ein »noch moderates Niveau« bei den Immobilienpreisen.

Bei näherer Betrachtung gelten die Ergebnisse aber nur für bestimmte deutsche Haushalte, denn das IW rechnet nicht mit durchschnittlichen Einkommen und Haushalten. Stattdessen wirft es einen Blick auf jene, »die grundsätzlich Wohneigentum erwerben«, wie es Michael Voigtländer, Leiter des Bereichs Immobilienmärkte des IW, bei der Vorstellung des Indexes am Donnerstag ausdrückt.

Zusammensetzung der IW-Haushalte

Das IW geht demnach von Haushalten mit zwei erwerbstätigen Personen zwischen 30 und 40 Jahren mit zwei Kindern aus, »da diese Altersgruppe besonders häufig mit dem erstmaligen Erwerb von selbstgenutztem Wohneigentum in Verbindung steht«, wie es in der Studie heißt. Die Modellhaushalte befinden sich außerdem im 70er-Perzentil der Einkommensgrößen. Das bedeutet, nur 30 Prozent der deutschen Bevölkerung haben ein höheres Einkommen. Für den Erwerb eines Ein- oder Zweifamilienhauses bringen Modellhaushalte außerdem etwa 20 Prozent des Anteils aus Eigenkapital auf. »Ein typischer Eigentumserwerberhaushalt«, formuliert es Voigtländer.

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Laut IW-Index ist Wohneigentum dann erschwinglich, wenn 35 Prozent des Einkommens in die Raten fließen. Werte darüber führen zu einer Überbelastung der Haushalte, alles darunter wird umso erschwinglicher. Mit ähnlichen Werten rechnen im Übrigen auch der Deutsche Mieterbund (DMB) und Mietervereine. Demnach sollten Mietkosten nicht mehr als 30 Prozent des monatlichen Nettoeinkommens betragen, um Mieter*innen nicht zu überlasten.

Den IW-Berechnungen zufolge stieg in 392 von 400 Landkreisen und kreisfreien Städten in Deutschland in den vergangenen zwei Jahren die Erschwinglichkeit. In Großstädten abseits der Top 7, also jenen für die Wirtschaftsindustrie begehrenswertesten Städten, und ihren Nachbarlandkreisen sind die Rahmenbedingungen günstiger.

Erschwinglich: Saarland, Sachsen-Anhalt und Thüringen

Im Saarland, in Sachsen-Anhalt und Thüringen ist das Wohnen am erschwinglichsten. Besonders teuer sind Bayern, Berlin und Hamburg. Das liegt auch an der Wohnformverteilung. »Urbanere, dicht besiedelte, westdeutsche Lagen weisen typischerweise einen höheren Anteil an Mietwohnungen auf, während in den ländlich geprägten ostdeutschen Regionen das Ein- und Zweifamilienhaus weit verbreitet ist«, so die Studie. Im Osten gebe es auch weniger Vermögen und deshalb weniger Nachfrage nach Eigentum, ergänzt Voigtländer bei der Präsentation.

45 Prozent der vom IW betrachteten Modellhaushalte leben nicht in Top-7-Metropolen, sondern in Großstädten mit mehr als 100 000 Einwohner*innen oder deren Umland. »Und hier ist die Erschwinglichkeit voll gegeben«, so Voigtländer. »Dazu zählen Städte wie Ingolstadt, Hannover, Aachen oder Erlangen – also alles andere als strukturschwache Regionen.« In den Top 7, Hamburg, München, Frankfurt am Main, Stuttgart, Berlin, Köln und Düsseldorf, bleibt der Erwerb von Wohnungen weiter eine übermäßige finanzielle Belastung, selbst für Haushalte mit überdurchschnittlichem Einkommen. Indes treiben Entwicklungen am Kauf- und Mietmarkt wechselseitig die Preise in die Höhe, sagt Voigtländer.

Neubauten vs. Regulierung

Utecht und Voigtländer argumentieren deshalb für Finanzierungsstützen bei Krediten und eine breite Neubauförderung. Laut dem Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e.V. (Ifo-Institut) verbesserte sich zuletzt das Geschäftsklima im Wohnungsbau. Der Ifo-Geschäftsklimaindex stieg von minus 31,4 auf minus 25,2 Punkte – das ist der höchste Wert seit September 2022.

Das könnte unter anderem mit dem »Wohnungsbauturbo« der schwarz-roten Bundesregierung zusammenhängen. Er soll künftig den Zugang zu Baugenehmigungen und so das Bauen per se erleichtern. Der Deutsche Mieterbund und die Partei Die Linke kritisierten dagegen wiederholt, dass Neubauten alleine die Wohnkrise nicht lösen würden. Dafür brauche es demnach mehr Regulatoren am Wohnmarkt, mehr Sozialwohnungen und weniger Spekulation mit Wohnraum und Bauland.

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