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Der Spion im Abgeordnetenbüro
Prozess gegen Ex-Mitarbeiter von AfD-Politiker Maximilian Krah beginnt demnächst in Dresden
Seit 15 Monaten sitzt er in Untersuchungshaft, am 5. August beginnt am Oberlandesgericht Dresden der Prozess gegen Jian G. Es ist ein Verfahren, das unter erheblichen Sicherheitsvorkehrungen stattfindet und internationales Interesse erregen dürfte. G., der deutscher Staatsbürger ist, war jahrelang Mitarbeiter des AfD-Politikers Maximilian Krah und muss sich nun wegen des Vorwurfs verantworten, diese Position zur Spionage für China ausgenutzt zu haben. Die Bundesanwaltschaft hält ihn der »geheimdienstlichen Agententätigkeit« für einen ausländischen Dienst für »hinreichend verdächtig«, und zwar sogar in einem »besonders schweren Fall«.
Die Karlsruher Behörde geht in ihrer Anklage davon aus, dass G. seit 2002 für den chinesischen Geheimdienst tätig war. Von 2019 bis zu seiner in Dresden erfolgten Festnahme im April 2024 war er als Assistent für Krah tätig, der damals im Europaparlament saß. Dabei habe er für den chinesischen Dienst Informationen zu Beratungen und Entscheidungen des Europäischen Parlaments gesammelt. Unter anderem habe er sich Zugang zu mehr als 500 Dokumenten verschafft, von denen einige vom Europäischen Parlament als »besonders sensibel« eingestuft waren.
Der mutmaßliche Spion besorgte sich im Europaparlament auch Unterlagen, die als »besonders sensibel« klassifiziert waren.
Daneben soll G. auch Informationen über führende AfD-Politiker zusammengetragen haben. Nach Informationen des Nachrichtenmagazins »Spiegel« ging es dabei um Einschätzungen zu Rolle, Status und Stellung von Spitzenfunktionären, darunter die Parteichefs Alice Weidel und Tino Chrupalla. Sie stammten den Ermittlungen zufolge teils aus vertraulichen Gesprächen, die G. mit Krah geführt habe. In den Jahren 2023 und 2024 soll er zudem chinesische Oppositionelle und Dissidenten in Deutschland ausgespäht haben, wozu er in sozialen Medien zum Schein als Kritiker der chinesischen Staatsführung auftrat.
Neben G. wird in dem Verfahren, für das bis Ende September zunächst 13 Verhandlungstage angesetzt sind, auch die chinesische Staatsbürgerin Yaqi X. auf der Anklagebank sitzen. Sie war bis zu ihrer Festnahme im September 2024 für einen Logistikdienstleister am Flughafen Leipzig/Halle tätig und soll Informationen über Flüge, Fracht und Passagiere an G. übermittelt haben. Dabei sei es laut Anklageschrift insbesondere um den Transport von Rüstungsgütern sowie um Personen mit Verbindungen zu einem deutschen Rüstungsunternehmen gegangen.
Krah, der mittlerweile Abgeordneter im Bundestag ist, hatte nach der Festnahme von G. der »Bild«-Zeitung gesagt, sein Mitarbeiter habe seiner Kenntnis nach nur »Kontakte zu offiziellen chinesischen Stellen in der Botschaft« gepflegt. Nach der Festnahme der Chinesin erklärte er, diese habe nur mit seinem Ex-Mitarbeiter kommuniziert. Der einzige Vorwurf, den er sich mache, sei, »nicht gründlicher aufgepasst zu haben«. Mit Blick auf den bevorstehenden Prozess sagte er der Nachrichtenagentur dpa, er erhoffe sich Klarheit, »ob ich da hintergangen wurde«. Aus der AfD war der Vorwurf erhoben worden, die Behörden hätten diese nicht gewarnt. Medienberichten zufolge hatte sich G. jeweils ohne Erfolg auch dem Bundesnachrichtendienst und später dem sächsischen Verfassungsschutz angedient, wo man ihn aber nicht für zuverlässig hielt.
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Während Krah sich als Opfer einer Täuschung darstellt, hatte die Generalstaatsanwaltschaft Dresden bereits im April 2024 zwei Vorermittlungsverfahren gegen den AfD-Politiker eingeleitet. Geprüft werden sollte, ob sich ein Anfangsverdacht auf Abgeordnetenbestechung erhärtet. Hintergrund waren angebliche Zahlungen, die in einem Fall aus pro-russischen, im anderen Fall aus chinesischen Quellen stammen sollen. Auslöser für die Ermittlungen sollen abgehörte Telefonate von Krahs zuvor festgenommenem Mitarbeiter gewesen sein. Im Mai dieses Jahres bestätigte die sächsische Behörde, es gebe ein Ermittlungsverfahren wegen des Vorwurfs der Bestechlichkeit als Abgeordneter im EU-Parlament und der Geldwäsche im Zusammenhang mit chinesischen Zahlungen. Krah bestätigte, seine Immunität als Abgeordneter solle aufgehoben werden. Er bezeichnete die Anschuldigungen aber als »absurd und politisch motiviert«.
Die Vorgänge rund um Krah dürften längst keine Einzelfälle sein. China betreibe zunehmend Spionage in der Bundesrepublik, konstatiert der Militärische Abschirmdienst (MAD) in seinem jetzt vorgelegten Jahresbericht. Um seine strategischen Ziele durchzusetzen, greife das Land »auf Maßnahmen der Cyberspionage, hybride Maßnahmen sowie auf klassische Spionageoperationen zurück«, heißt es. Nicht zuletzt die Bundeswehr stehe im Fokus.
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