Jeder neunte Abgeschobene ein Kind

Im ersten Halbjahr 2025 wurden mindestens 1 345 Minderjährige abgeschoben

Auch Schulkinder werden in Deutschland abgeschoben.
Auch Schulkinder werden in Deutschland abgeschoben.

Von Abschiebungen aus Deutschland sind viele Kinder und Jugendliche betroffen: Jede neunte der im ersten Halbjahr 2025 aus Deutschland abgeschobene Person war minderjährig. Dies geht aus der am Montag veröffentlichten Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine schriftliche Frage des Linke-Bundestagsabgeordneten Dietmar Bartsch hervor. Von den 11 807 abgeschobenen Migrant*innen waren demnach 1 345 schulpflichtig, also im Alter von sechs bis 18 Jahren. Dies entspricht 11,4 Prozent.

Wie viele unter Sechsjährige abgeschoben wurden, ist unbekannt, da sich die Frage nur auf zum Zeitpunkt der Abschiebung schulpflichtige Kinder bezog. Die Gesamtzahl abgeschobener Kinder dürfte somit noch höher sein. Erst im Juli wurde eine jesidische Familie mit vier Kindern aus Brandenburg in den Irak abgeschoben, von denen eines erst fünf Jahre alt ist. Brandenburgs Innenminister René Wilke (parteilos) hatte zwar erklärt, er wolle die Familie zurückholen. Voraussetzung sei aber eine entsprechende juristische Grundlage. Die gibt es nicht, weil das Potsdamer Verwaltungsgericht einen entsprechenden Eilantrag vergangenen Donnerstag abgelehnt hat. Der Beschluss sei unanfechtbar, teilte ein Gerichtssprecher mit. Die Familie hatte zwei Jahre lang vergeblich gegen die Ablehnung ihres Asylantrags geklagt.

»Im ersten Halbjahr wurden mehr schulpflichtige Kinder abgeschoben als vor wenigen Jahren im gesamten Jahr.«

Dietmar Bartsch Linke-Abgeordneter

Die Quote Minderjähriger ist seit 2022 nahezu gleichbleibend. Die absolute Zahl steigt, weil es insgesamt immer mehr Abschiebungen gibt. So waren im Jahr 2022 knapp 13 000 Menschen außer Landes gebracht worden, 2023 waren es bereits 16 400. Im vergangenen Jahr wurden 20 084 Menschen abgeschoben, unter ihnen 2316 Minderjährige (11,5 Prozent).

Zu der ebenfalls von der Linken eingereichten Frage, wie viele der Abgeschobenen einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgingen, lagen dem Innenministerium nach eigenen Angaben keine Erkenntnisse vor.

Bartsch erklärte: »Immer mehr Kinder aus Deutschland abzuschieben löst kein Problem – es ist ein Problem! Kaltherzigkeit darf weder Politikstil noch Politikziel unseres Landes sein.« Im ersten Halbjahr 2025 seien mehr Kinder abgeschoben als 2022 im gesamten Jahr. Es ergebe keinen Sinn, »Kinder, die hier lernen, die hier aufwachsen, die hier integriert sind – die Fachkräfte von morgen – und ihre Familien abzuschieben«, so Bartsch. »Kinder gehören in die Schule – nicht in den Abschiebeflieger!« nd/Agenturen

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